Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 343
Wurde in der Vergangenheit kein voller Geldwertausgleich gewährt, ist bei Folgeprüfungen der Kaufkraftverlust seit Rentenbeginn zu berücksichtigen (nachholende Anpassung). Das folgt aus dem Zweck des § 16 BetrAVG. Diese Bestimmung soll durch den Ausgleich des Kaufkraftverlustes dazu beitragen, die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung für die Dauer des Rentenbezuges aufrechtzuerhalten. Der Arbeitnehmer kann aufgrund der von ihm bereits erbrachten Leistung erwarten, dass ihm der volle wirtschaftliche Wert der Gegenleistung erhalten bleibt (BAG v. 28.4.1992 – 3 AZR 142/91, NZA 1993 = MDR 1993, 93 m. Anm. Langohr-Plato; BAG v. 28.4.1992 – 3 AZR 244/91, NZA 1993, 72 = ZAP 1992, F. 17 R, S. 37 m. Anm. Langohr-Plato; BAG v. 28.4.1992 – 3 AZR 356/91, NZA 1993, 74; BAG v. 17.4.1996 – 3 AZR 56/95, BetrAV 1996, 322; Langohr-Plato, BB 1997, 1635).
Rz. 344
Der Anspruch auf eine nachholende Anpassung entfällt allerdings unter den in § 16 Abs. 4 BetrAVG normierten Rahmenbedingungen; gem. § 30c Abs. 1 BetrAVG allerdings nur für solche Anpassungsentscheidungen, die nach dem 1.1.1999 zu Recht erfolgt sind.
Rz. 345
Voraussetzung ist danach, dass der Arbeitgeber dem Versorgungsempfänger die Lage des Unternehmens schriftlich darlegt, sodass dieser ein ihm dann zustehendes Widerspruchsrecht innerhalb einer dreimonatigen Widerspruchsfrist ausüben kann.
Rz. 346
Von der nachholenden Anpassung zu unterscheiden ist die nachträgliche Anpassung. Durch eine nachträgliche Anpassung soll die Betriebsrente bezogen auf einen früheren Anpassungsstichtag unter Berücksichtigung der damaligen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens erhöht werden (vgl. hierzu BAG v. 17.4.1996 – 3 AZR 56/95, BetrAV 1996, 322). Dieser Anspruch ist vom Anspruch auf die einzelnen erhöhten Rentenraten zu unterscheiden. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
Rz. 347
Die streitbeendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung begrenzt die Verpflichtung zu nachträglichen Anpassungen. Wenn der Versorgungsempfänger die Anpassungsentscheidung seines Arbeitgebers für fehlerhaft hält, muss er dies vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber ggü. zumindest außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag entsteht ein neuer Anspruch auf Anpassungsprüfung und Anpassungsentscheidung, sodass in diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung erlischt.
Rz. 348
Mit dem nächsten Anpassungsstichtag entsteht ein neuer Anspruch auf Anpassungsprüfung und Anpassungsentscheidung, sodass in diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung erlischt (BAG v. 17.4.1996 – 3 AZR 56/95, BetrAV 1996, 322; BAG v. 18.2.2003 – 3 AZR 172/92, BB 2003, 2292; BAG v. 17.8.2004 – 3 AZR 367/03, NZA-RR 2005, 672) und ein entsprechendes Klagerecht verwirkt wird (BAG v. 25.4.2006 – 3 AZR 372/05, DB 2006, 2527; BAG v. 21.8.2007 – 3 AZR 330/06, NZA 2007, 2720).
Rz. 349
Der Arbeitgeber kann nämlich erwarten, dass der Versorgungsberechtigte nach einer ausdrücklichen Anpassungsentscheidung deren vermeintliche Fehlerhaftigkeit nicht nur rechtzeitig rügt, sondern im Anschluss an den Rügezeitraum binnen dreier Jahre gerichtlich vorgeht. Während Interessen des Betriebsrentners insoweit i.d.R. nicht entgegenstehen, hat der versorgungspflichtige Arbeitgeber ein erhebliches Interesse an der Klärung seiner Anpassungspflichten, zumal die weiteren Rentenerhöhungen auf den früheren Anpassungen aufbauen und eine zuverlässige Grundlage für die Kalkulation des Versorgungsaufwandes sowie für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens benötigt wird (BAG v. 25.4.2006 – 3 AZR 372/05, DB 2006, 2527).
Rz. 350
Das Vorliegen eines widerspruchsfähigen und mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheides über die erfolgte Anpassungsprüfung bedarf es insoweit nicht. § 16 Abs. 4 BetrAVG und die normierten Voraussetzungen für eine "zu Recht unterbliebene Anpassung" gelten nur für den Anspruch auf nachholende Anpassung und sind i.R.d. Anspruches auf nachträgliche Anpassung nicht anwendbar.
Rz. 351
Hat der Arbeitgeber bis zum nächsten Anpassungsstichtag die Betriebsrente weder erhöht, noch sich zur Anpassung ausdrücklich geäußert, so hat er damit stillschweigend erklärt, dass er zum fraglichen Anpassungszeitpunkt keine Rentenindexierung vornimmt. Die Erklärung des Versorgungsschuldners, nicht anpassen zu wollen, gilt nach Ablauf von drei Jahren ab Anpassungstermin als abgegeben. Der versorgungsberechtigte Betriebsrentner kann die stillschweigend abgelehnte Anpassungsentscheidung in einem solchen Fall bis zum übernächsten Anpassungstermin ggü. dem Arbeitgeber oder gerichtlich rügen.
Rz. 352
Nach Ablauf der Rügefrist muss der Versorgungsberechtigte gegen seinen früheren Arbeitgeber Klage erheben. Die Klage anderer Versorgungsberechtigter verhindert eine Verwirkung des Klagerechtes grds. nicht, es sei denn, es wurde eine Musterprozessvereinbarung geschlossen oder der Versorgungsberechtigte wies seinen früheren A...