Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 106
Im Zeitraum zwischen der Erteilung der Versorgungszusage und dem Eintritt eines der durch die Versorgungszusage abgesicherten Versorgungsfalles besteht eine sog. "Versorgungsanwartschaft". Sie ist ein aufschiebend bedingter Versorgungsanspruch, der mit Eintritt des Versorgungsfalles zum Vollrecht erstarkt. Diese Versorgungsanwartschaft genießt unter bestimmten Voraussetzungen den besonderen Schutz von Rspr. und Gesetz.
a) Gesetzliche Unverfallbarkeitsfristen
Rz. 107
Seit dem 1.1.2001 gibt es nur noch eine vom Bestand der Zusage, d.h. von der Zusagedauer abhängige Unverfallbarkeitsfrist. Zu unterscheiden ist allerdings die Unverfallbarkeit bei arbeitgeberfinanzierten Zusagen und bei Entgeltumwandlungsvereinbarungen.
aa) Arbeitgeberfinanzierte Zusagen
Rz. 108
Bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung ist die Unverfallbarkeitsfrist durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinien mit Wirkung zum 1.1.2018 nochmals von zuletzt fünf Jahren Zusagedauer auf nunmehr drei Jahre Zusagedauer verkürzt und gleichzeitig die ebenfalls maßgebliche Altersgrenze von bislang 25 Jahren auf 21 Jahre herabgesetzt worden. Gesetzliche Unverfallbarkeit tritt somit dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat. Diese Regelung gilt allerdings nur für solche Zusagen, die erstmals nach dem 31.12.2017 erteilt worden sind.
Rz. 109
Gem. § 30f BetrAVG bestehen für Altzusagen, d.h. für solche Zusagen, die vor dem 1.1.2018 erteilt worden sind, je nach Zeitpunkt der Zusageerteilung unterschiedliche Übergangsregelungen. Für diese Altzusagen gilt die bisher jeweils maßgebliche ältere gesetzliche Unverfallbarkeitsfrist mit der Maßgabe weiter, dass die entsprechenden Versorgungsanwartschaften auch dann erhalten bleiben, wenn diese Zusage ab dem Inkrafttreten der Neuregelung die Anforderungen dieser Neuregelung an die neue Unverfallbarkeitsfrist erfüllt.
Rz. 110
Der Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit ist – neben dem Ausscheiden aus dem Unternehmen – ausschließlich abhängig von der Erfüllung der im Gesetz genannten Frist. Auf welcher Rechtsgrundlage die Versorgungszusage beruht, ist hierfür ebenso irrelevant wie der Grund aus dem das Arbeitsverhältnis beendet worden ist. § 1 BetrAVG erfasst somit nicht nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Arbeitgeberkündigung, sondern auch die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Fristablauf, Aufhebungsvertrag) sowie die Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 1b Rn 77; Langohr-Plato, Betriebl. Altersversorgung, Rn 386).
Rz. 111
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ohne dass die vorgenannten Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, so verfällt die Versorgungsanwartschaft endgültig und ohne sonstigen Wertausgleich, sofern die Vertragsparteien nicht zugunsten des Mitarbeiters eine entsprechende Sonderregelung treffen.
(1) Vollendung des 21. Lebensjahres
Rz. 112
Unabhängig von der Dauer der tatsächlich zurückgelegten Dienstzeit, scheidet eine Unverfallbarkeit nach § 1 BetrAVG dann aus, wenn das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters vor Vollendung des 21. Lebensjahres beendet wird.
(2) Zusagedauer
Rz. 113
Neben der Vollendung des 21. Lebensjahres setzt die Unverfallbarkeit eine mindestens dreijährige Existenz der Versorgungszusage bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.
Rz. 114
Diese Drei-Jahres-Frist beginnt mit dem Abschluss der Versorgungsvereinbarung. Soweit die Versorgungsverpflichtungen ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert werden, kommt der Versorgungsvertrag nach § 151 BGB ohne ausdrückliche Annahmeerklärung bereits mit dem Zugang des Versorgungsversprechens beim Arbeitnehmer zustande.
Rz. 115
Beruht der Anspruch auf die Versorgungsleistung auf einer kollektivrechtlichen Vereinbarung (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag), so ist grds. deren Inkrafttreten für den Fristbeginn maßgeblich, frühestens jedoch der Beginn des Arbeitsverhältnisses des versorgungsberechtigten Mitarbeiters.
Rz. 116
Unabhängig von den einzelnen Begründungsakten einer betrieblichen Versorgungsverpflichtung steht es den Vertragsparteien frei, vertraglich einen früheren, d.h. vor dem Inkrafttreten der Versorgungsvereinbarung bzw. dem Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden Zusagezeitpunkt zu fingieren. Wird eine solche Vordienstzeit angerechnet, so wirkt sie sich im Zweifel nicht nur auf den Zusagezeitpunkt, sondern auch auf die anzurechnende Betriebszugehörigkeit aus (BAG v. 16.3.1982, BB 1982, 1490; BAG v. 6.3.1984, NZA 1984, 356; BAG v. 27.2.1990, NZA 1990, 689).
Rz. 117
Die Drei-Jahres-Frist muss in vollem Umfang erfüllt sein, um die Unverfallbarkeit begründen zu können. Ein Unterschreiten der Frist auch nur um einen Tag verhindert das Entstehen einer unverfallbaren Anwartschaft (BAG v. 7.8.1975, BB 1975, 1437; BAG v. 29.3.1983, BB 1983, 2119). Für die Fristberechnung gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen der §§ 187 ff. BGB.
bb) Unverfallbarkeit bei Entgeltumwandlung
Rz. 118
Für Entgeltumwandlungsmodelle ist ...