Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 132
Gem. § 2 Abs. 1 BetrAVG hat im Fall einer als Leistungszusage erfolgten arbeitgeberfinanzierten Pensionszusage der mit einer gesetzlich unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedene Mitarbeiter einen zukünftig fällig werdenden Versorgungsanspruch i.H.e. ratierlich zu berechnenden Anteils der ihm ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Versorgungsleistung. Diese zunächst einmal für unmittelbare Versorgungszusagen geltende Berechnungsvorschrift gilt gem. § 2 Abs. 4 BetrAVG für Unterstützungskassen entsprechend.
aa) Berechnungsgrundsätze
Rz. 133
Nach diesem auch als "pro rata temporis-Verfahren" oder "m/n-tel-Verfahren" bezeichneten Quotierungsprinzip ist die bis zum Ausscheiden tatsächlich zurückgelegte Dienstzeit (= "m") zu der bis zur vertraglich normierten festen Altersgrenze möglichen Dienstzeit (= "n") ins Verhältnis zu setzen. Mithin ist zunächst die Höhe der Versorgungsleistung zu ermitteln, die sich bei einem fiktiven Fortbestand des beendeten Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Altersgrenze ergeben hätte. Dieser hypothetische Rentenwert ist dann entsprechend um die nicht abgeleisteten Dienstzeiten zu kürzen. Dies geschieht dadurch, dass man den Quotienten zwischen tatsächlicher und möglicher Betriebszugehörigkeit ("m/n") bildet und anschließend die hypothetisch erreichbare Versorgungsleistung mit diesem "Unverfallbarkeitsfaktor" kürzt (vgl. BAG v. 12.11.1991 – 3 AZR 520/90, NZA 1992, 466).
Rz. 134
Maßgeblich für die Höhe der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ist somit folgende Formel:
tatsächlich erreichte Betriebszugehörigkeit (m) |
= % der Versorgung |
bis zur Altersgrenze mögliche Betriebszugehörigkeit (n) |
Rz. 135
Der Unverfallbarkeitsfaktor ist grds. taggenau zu berechnen. Die Rspr. akzeptiert allerdings auch eine Berechnung der Dienstzeiten nach vollendeten Monaten (BAG v. 22.2.1983 – 3 AZR 546/80, NJW 1984, 996).
Rz. 136
Bei der Berechnung der erdienbaren Versorgungsanwartschaft bleiben Änderungen der Bemessungsgrundlage, die nach dem Ausscheiden des Versorgungsberechtigten eintreten, nach § 2a Abs. 1 BetrAVG unberücksichtigt (Veränderungssperre). Die erdienbare Versorgungsleistung ist also auf der Basis der im Zeitpunkt des Ausscheidens aktuellen Bemessungsfaktoren (ruhegeldfähiges Einkommen) zu ermitteln.
Rz. 137
Diese Berechnungsgrundsätze gelten auch bei einem sog. "Gesamtversorgungssystem" oder "Limitierungssystem", bei dem die Höhe der Versorgungsleistung unter Anrechnung der gesetzlichen Sozialversicherungsrente ermittelt wird. Hinsichtlich der Hochrechnung der fiktiven Sozialversicherungsrente sind dabei nach § 2a Abs. 3 BetrAVG zwei Berechnungsverfahren zulässig: das steuerliche Näherungsverfahren sowie die individuelle, auf eine fiktive Beitragszahlung abgestellte Hochrechnung (BAG v. 12.11.1991 – 3 AZR 520/90, NZA 1992, 466).
Rz. 138
Das nach §§ 2, 2a BetrAVG vorgeschriebene Berechnungsverfahren gilt nicht nur für die Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaft auf Altersversorgung, sondern entsprechend auch für die sonstigen Versorgungsleistungen (Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung) und ist sowohl für Renten- als auch für Kapitalzusagen zugrunde zu legen.
bb) Berechnungsbeispiele:
Rz. 139
Den nachfolgenden Beispielen liegt folgende einheitliche Ausgangssituation zugrunde:
Arbeitnehmer A ist im Alter von 25 Jahren in das Unternehmen eingetreten. Die Versorgungsordnung sieht als feste Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres vor. Die Beendigung seiner Tätigkeit erfolgt im 47. Lebensjahr. Zu diesem Zeitpunkt betrug sein monatliches Gehalt 5.000 EUR. Für die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft auf Invalidenrente wird ein Eintritt der Invalidität im Alter von 52 Jahren unterstellt.
Aufgrund dieser Ausgangswerte ergibt sich unter Zugrundelegung der dargestellten ratierlichen Berechnungsformel ein Unverfallbarkeitsquotient von 22 tatsächlich erbrachten Dienstjahren zu 40 möglichen Dienstjahren. Das entspricht einem für alle Anwartschaftswerte maßgeblichen Unverfallbarkeitsfaktor von 55 %.
Rz. 140
Beispiel 1: Festrentensystem
Rentenformel: |
10,00 EUR pro Dienstjahr |
|
Erdienbare Anwartschaft bis zum 65. Lebensjahr: |
40 × 10,00 EUR = |
400,00 EUR |
Unverfallbare Anwartschaft auf Altersrente: |
400,00 EUR × 55 % = |
220,00 EUR |
Invalidenrente im Alter von 52 Jahren: |
27 × 10,00 EUR = |
270,00 EUR |
Unverfallbare Anwartschaft auf Invalidenrente: |
270,00 EUR × 55 % = |
148,50 EUR |
Rz. 141
Beispiel 2: Endgehaltsplan
Rentenformel: |
30 % des letzten pensionsfähigen Gehaltes |
|
Erdienbare Anwartschaft bis zum 65. Lebensjahr: |
30 % × 5.000,00 EUR = |
1.500,00 EUR |
Unverfallbare Anwartschaft auf Altersrente: |
1.500,00 EUR × 55 % = |
825,00 EUR |
Invalidenrente im Alter von 52 Jahren: |
30 % × 5.000,00 EUR = |
1.500,00 EUR |
Unverfallbare Anwartschaft auf Invalidenrente: |
1.500,00 EUR × 55 % = |
825,00 EUR |
Rz. 142
Beispiel 3: Dienstzeit- und gehaltsabhängiges System
Rentenformel: |
0,8 % des letzten pensionsfähigen Gehaltes pro anrechnungsfähigem Dienstjahr (max. 35 Dienstjahre) |
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Erdienbare Anwartschaft bis zum 65. Lebensjahr: |
(35 × 0,8 %) × 5.000,00 EUR... |