Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 120
Hat ein Arbeitnehmer, dem eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung zugesagt worden ist, die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen erfüllt, hat dies nach § 1 Abs. 2 BetrAVG folgende Konsequenzen:
Rz. 121
Die Bezugsberechtigung des Direktversicherungsvertrages darf gem. § 1 Abs. 2 S. 1 BetrAVG vom Arbeitgeber arbeitsvertraglich nicht mehr widerrufen werden. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass dieses arbeitsrechtliche Widerrufsverbot versicherungsvertraglich keine Bedeutung hat und nicht automatisch zu einer Änderung des versicherungsvertraglich vereinbarten Bezugsrechtes führt. Die in § 1b Abs. 2 BetrAVG normierte Verpflichtung hat also ausschließlich arbeitsrechtliche Konsequenzen und nicht die Rechtsqualität eines versicherungsvertraglich vereinbarten unwiderruflichen Bezugsrechtes (Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm, BetrAVG, § 1b Rn 123). Widerruft der Arbeitgeber gleichwohl aufgrund seiner versicherungsvertraglichen Legitimation ggü. dem Versicherer die Bezugsberechtigung, so ist dieser Widerruf versicherungsvertraglich wirksam (BAG v. 8.6.1993 – 3 AZR 670/92, BetrAV 1994, 25 = NZA 1994, 507; BAG v. 13.11.2007 – 3 AZR 635/06, juris = Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 13/2008 Anm. 4). In diesem Fall macht sich der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ggü. allerdings u.U. schadensersatzpflichtig (BAG v. 28.7.1987 – 3 AZR 694/85, NZA 1988, 159; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 1b Rn 215; Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm/Betz-Rehm, BetrAVG, § 1b Rn 124). Dieses Widerrufsverbot erstreckt sich auch auf die bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Versicherungsvertrag erwirtschafteten Überschussanteile, wohingegen die nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwirtschafteten Überschussanteile durchaus vom Arbeitgeber für eigene Zwecke verwertet werden, sodass insoweit ein Bezugsrechtswiderruf zulässig ist (BAG v. 29.7.1986 – 3 AZR 15/85, DB 1987, 743).
Rz. 122
Hat der Arbeitgeber die Versicherung beliehen, verpfändet oder abgetreten, also über den Wert der Versicherung wirtschaftlich verfügt, so ist der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 S. 3 BetrAVG verpflichtet, diese Verfügungen rückgängig zu machen. Ist dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich, so ist der Arbeitgeber im Wege der Naturalrestitution (§ 249 BGB) schadensersatzpflichtig und muss den Arbeitnehmer so stellen, als ob die wirtschaftliche Verfügung nicht erfolgt wäre.
Rz. 123
Werden bei einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung die Prämien der Versicherung vereinbarungsgemäß anstelle einer Vergütung gezahlt (Versicherung nach Gehaltsumwandlung), so war bereits in der Vergangenheit regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine von vornherein unentziehbare Rechtsposition einräumen und damit die Unverfallbarkeit der Anwartschaft zusagen wollte (BAG v. 8.6.1993 – 3 AZR 670/92, NZA 1994, 507 = ZAP 1994, F 17 R, S. 61 m. Anm. Langohr-Plato). Dies hat der Gesetzgeber nunmehr so auch ausdrücklich in § 1b Abs. 5 BetrAVG geregelt.