Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
aa) Gesetzlicher Insolvenzschutz
Rz. 710
Betriebliche Versorgungsmaßnahmen sind nach Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen (Mindestalter 25 Jahre, Zusagedauer fünf Jahre) für den Fall der Insolvenz des Unternehmens gesichert (und zwar i.H.d. unverfallbaren Anwartschaften). Grundlage für die Einbeziehung bzw. den Ausschluss der Altersversorgung eines GGF in die Insolvenzsicherung ist wiederum § 17 BetrAVG.
Rz. 711
Der PSV – als die für die Durchführung der Insolvenzsicherung geschaffene Institution – hat in seinem Merkblatt 300/M1/10.86 die wesentlichen Kriterien für den Insolvenzschutz der Pensionszusagen an Gesellschafter und Mitglieder von Gesellschaftsorganen dargestellt. Zur Abgrenzung der Insolvenzsicherungspflicht kann auf das Steuer- und Sozialversicherungsrecht wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Zielrichtungen nicht schematisch zurückgegriffen werden. Maßgeblich für den Insolvenzschutz sind der Inhalt der Pensionszusage sowie die tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses und des Gesellschaftsverhältnisses zum Zeitpunkt der Zusageerteilung im Einzelfall. Spätere Veränderungen können sich allerdings auf den Umfang des Insolvenzschutzes auswirken.
Rz. 712
Nach den Grundsätzen des PSV bestehen Insolvenzsicherungspflicht und -schutz für Organmitglieder einer GmbH, wenn deren Anteil am Kapital oder Stimmrecht ihnen keine Unternehmer- oder Mitunternehmerstellung einräumt; das gilt insb. dann, wenn die Anteile oder Stimmrechte des Geschäftsführers einer GmbH allein weniger als die Hälfte oder bei mehreren zusammengerechnet ggü. den nicht geschäftsführenden Gesellschaftern nicht mehr als die Hälfte betragen.
Rz. 713
Nicht insolvenzgesichert sind GGF, die die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllen (z.B. drei mit jeweils ⅓ am Kapital beteiligte GGF) oder die aufgrund ihrer maßgebenden Geschäftsführungsbefugnis als eigenverantwortliche Leiter des Unternehmens anzusehen sind.
Rz. 714
Nach der Rspr. des BGH (v. 28.1.1991 – II ZR 29/90, DB 1991, 1231), sind Versorgungsansprüche mehrheitlich beteiligter GGF allerdings dann insolvenzgesichert, wenn die Gesellschaftsbeteiligung treuhänderisch für Rechnung eines Dritten gehalten wird; das gilt auch, wenn die Ehefrau die Treugeberin ist und Anhaltspunkte fehlen, die die Annahme rechtfertigen könnten, deren Vermögen sei wirtschaftlich auch dem Ehemann zuzurechnen.
Rz. 715
Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass eine GGF-Versorgung dann nicht in den Anwendungsbereich des BetrAVG fällt, wenn
▪ |
der Geschäftsführer die Mehrheit (> 50 %) der Kapitalanteile und Stimmrechte hält, |
▪ |
der Geschäftsführer nur über eine Minderheitsbeteiligung verfügt, jedoch aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag oder anderer Weise festgelegten Stimmrechtsverteilung einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (vgl. auch BAG v. 16.4.1997 – 3 AZR 869/95, DB 1997, 2486) oder |
▪ |
der Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter (Beteiligung > 10 % und 50 %, vgl. BAG v. 25.1.2001 – 3 AZR 769/98, DB 2001, 2104) zusammen mit anderen Minderheits-GGF über eine Stimmenmehrheit verfügt. Insoweit ist aber zusätzlich zu berücksichtigen, dass bei dieser Fallkonstellation die GGF über "gleichgerichtete Interessen" verfügen müssen. Vor diesem Hintergrund sind Anteile von Familienangehörigen denen des geschäftsführenden Gesellschafters allerdings nicht ohne Weiteres hinzuzurechnen, da es keinen Erfahrungssatz gibt, wonach Familienangehörige stets gleichgerichtete Interessen verfolgen (so ausdrücklich BGH v. 28.4.1980 – II ZR 254/78, DB 1980, 1434). |
Rz. 716
Insoweit ist ferner zu beachten, dass eine betriebliche Altersversorgung nur dann dem Anwendungsbereich des BetrAVG und damit dem gesetzlichen Insolvenzschutz unterfällt, wenn die Versorgungszusage aus Anlass des Arbeitsverhältnisses bzw. der Tätigkeit für ein (fremdes) Unternehmen zugesagt worden ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn eine GmbH nur ihren – ggf. auch nur minderbeteiligten – Gesellschaftern eine Versorgung verspricht und wenn Art und Höhe dieser Versorgung bei Beschäftigten, die nicht Gesellschafter sind, wirtschaftlich nicht vertretbar ist (so ausdrücklich BAG v. 25.1.2000 – 3 AZR 769/98, DB 2001, 2102). Aus anderen Gründen erteilte Versorgungszusagen werden durch das BetrAVG nicht geschützt (BAG v. 8.5.1990 – 3 AZR 121/89, DB 1990, 2375; BAG v. 20.7.1993 – 3 AZR 99/93, BB 1994, 220; BAG v. 25.1.2000 – 3 AZR 769/98, DB 2001, 2102).
Rz. 717
Soweit allein die Beteiligung an der Gesellschaft für die Erteilung des Versorgungsversprechens entscheidend ist, handelt es sich letztendlich um nicht insolvenzgeschützten "Unternehmerlohn". Bei der entsprechenden Kausalitätsprüfung sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Insoweit kommt es u.a. darauf an, ob die zugesagte Versorgung nach Art und Höhe auch bei Fremdkräften wirtschaftlich vernünftig und üblich gewesen wäre. Von daher wertet das BAG eine ausschließlich den Gesellschaftern zugebilligte Altersversorgung als Indiz für einen sachlichen Zusammenhang mit deren Gesellscha...