Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 657
Sowohl die vom Bestand der Zusage als auch die vom Beginn der Betriebszugehörigkeit abhängigen Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG werden gem. § 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG i.V.m. § 613a Abs. 1 BGB durch den Betriebsübergang nicht unterbrochen. Diese Rechtsfolge gilt für alle Durchführungswege (Pensionszusage, Direktversicherung, Unterstützungskasse, Pensionskasse) der betrieblichen Altersversorgung. Verfallbare Anwartschaften können nach dem Betriebsübergang daher noch zum Vollrecht erstarken.
Rz. 658
Andererseits hat das BAG bereits früh erkannt, dass der Betriebserwerber bei einer von ihm begründeten Versorgungszusage nicht verpflichtet ist, in Bezug auf eine etwaige Wartezeit und die Höhe der Versorgungsleistungen diejenigen Beschäftigungszeiten anzurechnen, die der Arbeitnehmer bei dem Betriebsveräußerer verbracht hat (BAG v. 30.8.1979 – 3 AZR 58/78, NJW 1980, 416; vgl. auch BAG v. 8.2.1983 – 3 AZR 229/81, NJW 1984, 1254). Das BAG hebt dabei zu Recht hervor, dass § 613a BGB den bereits erworbenen Besitzstand der übernommenen Arbeitnehmer schützt, dass aber die Betriebszugehörigkeit für sich allein noch keine Rechte begründet.
Rz. 659
Beruht die Verpflichtung zur betrieblichen Altersversorgung auf einer Betriebsvereinbarung beim Veräußerer eines Betriebs, so ist im Fall eines Betriebsübergangs die Ablösung dieser Betriebsvereinbarung durch eine beim Erwerber bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung zu diesem Regelungsgegenstand wie sonst auch an den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften durch das sog. dreistufige Prüfungsschema präzisiert, zu überprüfen (BAG v. 22.10.2019 – 3 AZR 429/18, BetrAV 2020, 249; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 9/2020 Anm. 1).
In früheren Entscheidungen hatte das BAG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Ordnungsprinzip entschieden, dass die bis zum Betriebsübergang erdienten Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung vom Betriebserwerber nicht zusätzlich zu der bei ihm zu erdienenden Anwartschaft geschuldet werden (v.24.7.2001 – 3 AZR 660/00, NZA 2002, 520; BAG v. 29.7.2003 – 3 AZR 630/02, juris). Diese Rechtsprechung, die in Rechtsprechung und Literatur kritisiert bzw. nur modifiziert übernommen und angewendet worden ist (LArbG Düsseldorf v. 25.2.2014 – 6 Sa 1431/13, juris; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 26/2014 Anm. 4; Langohr-Plato, Rn 1721), hat das BAG nunmehr ausdrücklich aufgegeben.
Mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung hat das BAG klargestellt, dass § 613a Abs. 1 S. 3 BGB insoweit einschränkend auszulegen ist, sodass § 613a Abs. 1 S. 3 BGB dem Erwerber nur dieselben Eingriffsmöglichkeiten gewährt, wie sie auch der Veräußerer gehabt hätte. Die Grundsätze zur Ablösung kollektivrechtlich normierter Versorgungsregelungen sind daher auch beim Betriebsübergang und auf solche Fallgestaltungen anzuwenden, bei denen beim Erwerber eine kollektive Regelung nicht erst geschaffen wird, sondern im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits besteht.