Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 257
Die in den §§ 7 bis 15 BetrAVG geregelte Insolvenzsicherung betrieblicher Versorgungsansprüche und -anwartschaften ist eine gesetzliche Pflichtversicherung, die die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und Betriebsrentner in der Insolvenz des Arbeitgebers ggü. anderen Gläubigern privilegiert und dadurch vor einem insolvenzbedingten Verlust ihrer (zukünftigen) betrieblichen Versorgungsleistungen schützt.
Rz. 258
Mit Eintritt eines der in § 7 BetrAVG geregelten Insolvenzsicherungsfälle findet ein Schuldnerwechsel aufseiten des Leistungsverpflichteten statt, und es wird ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem PSV als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung (§ 14 Abs. 1 BetrAVG) und den Versorgungsberechtigten begründet.
1. Voraussetzungen des gesetzlichen Insolvenzschutzes
Rz. 259
Eine Eintrittspflicht des PSV kommt nur in den in § 7 Abs. 1 S. 1, S. 3 Nr. 1–5 BetrAVG ausdrücklich und abschließend normierten folgenden vier Sicherungsfällen in Betracht:
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers. Maßgeblich sind hier die in der Insolvenzordnung (InsO) geregelten sachlichen und formellen Insolvenzvoraussetzungen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Eintrittspflicht des PSV ist gem. § 27 InsO der Tag, der sich aus dem gerichtlichen Eröffnungsbeschluss ergibt. |
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Abweisung des Antrages auf Insolvenzeröffnung mangels Masse. Zeitpunkt des Sicherungsfalles ist hier der Zeitpunkt der Verkündung des Beschlusses nach § 26 InsO. |
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Außergerichtlicher Vergleich des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern nach vorausgegangener Zahlungseinstellung i.S.d. InsO, wenn ihm der PSV zustimmt. Der PSV kann allerdings nicht zur Zustimmung gezwungen werden, und zwar auch nicht im Klagewege. |
Zeitpunkt des Sicherungsfalles ist nach dem Wortlaut des Gesetzes der Zeitpunkt, in dem der außergerichtliche Vergleich von allen Beteiligten vereinbart wird. Um den Versorgungsberechtigten nicht durch zeitlich bedingte Verzögerungen beim Vergleichsabschluss zu benachteiligen, hat sich der PSV gem. § 3 Abs. 3 seiner Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung (AIB) bereit erklärt, den Zeitpunkt als maßgeblichen Insolvenzstichtag anzuerkennen, an dem der Arbeitgeber seine Zahlungsunfähigkeit seinen sämtlichen Gläubigern ggü. mitgeteilt hat. Diese für die Rentenempfänger ggü. der gesetzlichen Regelung günstigere Bestimmung des Insolvenzstichtages ist vom BAG ausdrücklich als zulässig anerkannt worden (BAG v. 14.12.1993 – 3 AZR 618/93, NZA 1994, 554).
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Vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Geltungsbereich des BetrAVG, wenn ein Antrag auf Insolvenzeröffnung nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. |
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Da den Versorgungsberechtigten eine Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugemutet werden kann, ist – soweit äußere Tatsachen einen entsprechenden, auf eine Masseunzulänglichkeit hinweisenden Eindruck begründen – der PSV einzuschalten. Dieser muss dann als Auffangstation die Interessen der Versorgungsberechtigten wahrnehmen (BAG v. 11.9.1980, DB 1981, 1141; BAG v. 20.11.1984, DB 1985, 1479). |
Rz. 260
Der Insolvenzgrund der Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen wegen wirtschaftlicher Notlage des Arbeitgebers ist durch die BetrAVG-Novelle zum 1.1.1999 gestrichen worden.
Rz. 261
Entscheidungsrelevant für die Eintrittspflicht des PSV ist stets die Insolvenz des Arbeitgebers; eine gleichzeitige Insolvenz des Versorgungsträgers ist nicht erforderlich. Dies gilt insb. dann, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine aus dem Unternehmen ausgegliederte juristisch selbstständige und mit entsprechendem, im Zeitpunkt der Insolvenz ggf. sogar noch in ausreichendem Maße zur Erfüllung der bestehenden Versorgungsverpflichtungen vorhandenem Vermögen ausgestattete und damit leistungsfähige Versorgungseinrichtung wie z.B. eine Unterstützungskasse durchgeführt wird (BAG v. 12.2.1991 – 3 AZR 30/90, NZA 1991, 723).
2. Insolvenzsicherungspflichtige Durchführungswege
Rz. 262
Insolvenzsicherungspflichtig sind nicht alle Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung. Ausgehend von dem je nach Durchführungsweg unterschiedlichen Insolvenzrisiko hat der Gesetzgeber nur dort eine gesetzliche Insolvenzsicherung vorgesehen, wo eine Gefährdung der Deckungsmittel (vgl. Berenz, in: Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber/Betz-Rehm, § 7 Rn 24) zur Erfüllung der betrieblichen Altersversorgungsverpflichtungen dem Grunde nach überhaupt eintreten kann. Dies hat u.a. auch dazu geführt, dass nicht insolvenzfähige Arbeitgeber im öffentlichen Dienst generell vom gesetzlichen Insolvenzschutz befreit worden sind.
Rz. 263
Vor diesem Hintergrund unterliegen unmittelbare Pensionszusagen und Versorgungszusagen, die über Unterstützungskassen finanziert werden, nach § 7 Abs. 2 BetrAVG generell und uneingeschränkt der gesetzlichen Insolvenzsicherung, und zwar unabhängig davon, ob die Versorgungsverpflichtungen z.B. durch den Abschluss von Rückdeckungsversicherungen vorfinanziert sind oder nicht.
Rz. 264
Demgegenüber hat der...