1. Allgemeine Haftungsgrundsätze nach früherem Recht

 

Rz. 676

Nach der früheren, vor Verabschiedung des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes geltenden Rechtslage war die "Nachhaftung" eines ausgeschiedenen, persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht ausdrücklich geregelt. Haftungsmaßstab waren ausschließlich die im HGB normierten Verjährungsbestimmungen.

 

Rz. 677

Unter Abwägung der Interessen aller an der betrieblichen Altersversorgung Beteiligter (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, PSV) wurde die einzig tragbare Lösung der Haftungsproblematik darin gesehen, § 159 HGB in der Weise anzuwenden, dass der ausgeschiedene Personengesellschafter 5 Jahre nach seinem Ausscheiden von dem Risiko einer fortbestehenden Haftung freigestellt wird (BGH v. 19.5.1983 – II ZR 50/82, NJW 1983, 2254 unter Nr. 4 der Gründe), d.h. eine Haftung für erst nach Ablauf dieser Frist fällig werdende Ansprüche entfällt.

 

Rz. 678

Insb. bei den Fallkonstellationen

Wechsel vom persönlich haftenden Gesellschafter zum geschäftsführenden Kommanditisten,
Fortführung der Firma durch den Erwerber und
Einbringung eines Einzelunternehmens in eine neu gegründete Gesellschaft

hafteten nach früherer Rspr. die betroffenen "Alt-Gesellschafter" mit ihrem Privatvermögen für alle Versorgungszusagen, die bis zum Wechsel ihrer Gesellschafterstellung begründet worden waren, d.h. für alle bis zu diesem Zeitpunkt erteilten Versorgungszusagen.

2. Neuregelung durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz

 

Rz. 679

Das Gesetz folgt im Wesentlichen dem von der Rspr. in den Vordergrund gestellten Grundprinzip des § 159 HGB, wonach eine persönliche Haftung des Gesellschafters nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren seit seinem Ausscheiden enden soll. Die bislang als Verjährungsregelung ausgestaltete Haftungsbegrenzung wird daher rechtssystematisch beim Ausscheiden eines bislang persönlich haftenden Gesellschafters aus der Gesellschaft und dem einen Ausscheiden gleichgestellten Wechsel der Rechtsposition des Gesellschafters (§ 160 HGB) durch eine "Ausschlussfrist" ersetzt, während es bei der Auflösung der Gesellschaft (§ 159 HGB) bei der fünfjährigen Sonderverjährung und der hierzu ergangenen Rspr. bleibt. Diese Differenzierung wird zutreffenderweise damit begründet, dass im Fall der Auflösung den Gläubigern die Gesellschaft selbst als Haftungssubjekt nicht mehr verbleibt (vgl. Begründung, BT-Drucks 12/1868, 7 sowie Reichold, NJW 1994, 1619; Seibert, DB 1994, 461; Haack, NWB 1994, F. 18, S. 3325).

 

Rz. 680

Die Haftungsgrundsätze des § 160 HGB lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Gegenstand der Haftung sind alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, für die der persönlich haftende Gesellschafter aufgrund der gesetzlichen Haftungsanordnung des § 128 HGB mithaftet.
Für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die nach seinem Ausscheiden entstehen, haftet der Gesellschafter (wie bisher) nicht.
Für Verbindlichkeiten, die vorher entstanden sind (Altverbindlichkeiten), führt eine gesetzliche Ausschlussfrist zu einer "Enthaftung" nach 5 Jahren.
Wird eine solche Verbindlichkeit erst nach 5 Jahren fällig (z.B. im Dauerschuldverhältnis betriebliche Altersversorgung die erste Rentenrate), ist die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters von vornherein ausgeschlossen.
Wird die Verbindlichkeit zwischen Ausscheiden und Ablauf der 5-Jahres-Frist fällig, endet die Haftung mit Ablauf der Frist. Der Gesellschafter haftet also nur für die bis zum Fristablauf fällig werdenden Verbindlichkeiten.
In diesem Fall kann der Gläubiger allerdings die Enthaftung durch gerichtliche Geltendmachung (§ 204 BGB) des Anspruches ausräumen.
Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Datum der Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister zu laufen.
 

Rz. 681

Diese Haftungsgrundsätze gelten gem. § 160 Abs. 3 HGB entsprechend auch für den Wechsel in die Kommanditistenstellung und den geschäftsführenden und damit auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss nehmenden Kommanditisten (vgl. hierzu Seibert, DB 1994, 462; Haack, NWB 1994, F. 18, S. 3329), gem. der §§ 26, 28 HGB für den Veräußerer eines Handelsgeschäfts bzw. den Eintritt eines Dritten in das Geschäft eines Handelskaufmanns sowie gem. § 736 Abs. 2 BGB bei der sog. "BGB-Gesellschaft".

 

Rz. 682

I.Ü. werden parallel zum Nachhaftungsbegrenzungsgesetz die Vorschriften des UmwG (§§ 45, 133, 157, 167, 173, 234, 249 und 257 UmwG) der Enthaftungsregelung des § 160 HGB angeglichen. Die Enthaftung gilt damit auch bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine AG oder eine GmbH, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der ehemals persönlich haftende Gesellschafter Vorstand oder Geschäftsführer in der neuen Kapitalgesellschaft wird.

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