I. Voraussetzungen
Rz. 26
Streitig ist, ob der Versicherungsnehmer, wenn der Rechtsschutzversicherer sich auf Leistungsfreiheit i.S.v. § 3a ARB 2010 beruft, ohne Durchführung des Stichentscheides sofort das Gericht anrufen kann, also Deckungsklage erheben kann. Eine mögliche Antwort ist, dass die Deckungsklage erst nach durchgeführtem Stichentscheid zulässig ist. Nach Bauer hat der Versicherungsnehmer die Wahlmöglichkeit zwischen Stichentscheid und Deckungsprozess. Diese Meinung kann jedoch nur gelten, wenn auch die Voraussetzungen für die Deckungsklage gegeben sind, nämlich neben der Erhebung des Anspruches auf Rechtsschutzdeckung die formgerechte und inhaltlich zutreffende Ablehnung der Rechtsschutzdeckung durch den Versicherer (vgl. dazu § 37 Rn 17).
Auch eine Deckungsklage gegen die Rechtsschutzversicherung ersetzt nicht die gutachtliche Stellungnahme des Anwaltes im Ausgangsverfahren.
Rz. 27
Nach dem Landgericht Köln ist es für die Erhebung einer Deckungsklage ohne Bedeutung, dass der Versicherungsnehmer das Stichentscheidsverfahren nicht genutzt hat. Dies hat lediglich zur Folge, dass die Rechtsfolge nicht eintreten kann, führt jedoch nicht zur Unbegründetheit der Klage. Umgekehrt schließt die einmal erhobene Deckungsklage im Gegenteil die Durchführung des Schiedsverfahrens aus. Die Deckungsklage ersetzt umgekehrt den Stichentscheid nicht.
II. Verhältnis Stichentscheid/Deckungsklage
Rz. 28
Lehnt die Rechtsschutzversicherung die begehrte Rechtsschutzdeckung ab mit der Begründung nicht hinreichender Erfolgsaussicht, kommt zunächst grundsätzlich das Stichentscheidsverfahren oder das Schiedsverfahren (vgl. § 36 Rn 1 ff.) in Betracht.
Rz. 29
Hat der Versicherungsnehmer das Stichentscheidsverfahren nicht genutzt, so ist dies ohne Bedeutung für den Anspruch auf Rechtsschutzgewährung.
Rz. 30
Eine einmal erhobene Deckungsklage (vgl. § 37 Rn 1 ff.) schließt die Durchführung des Stichentscheidsverfahrens oder des Schiedsverfahrens aus. Nach OLG Karlsruhe kann der Stichentscheid noch im Deckungsprozess herbeigeführt werden. Auch soll der unterlassene Hinweis auf den Stichentscheid seitens der Rechtsschutzversicherung nicht schaden, wenn dem Versicherungsnehmer dieser bekannt ist. Beide Aussagen der vorgenannten Entscheidung sind nicht überzeugend. Bei Stichentscheid und Deckungsklage handelt es sich um verschiedene vorgesehene Verfahrenswegen bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Rechtsschutzversicherung und dem Versicherungsnehmer. Im Deckungsprozess muss nach den hier anzuwendenden Grundsätzen gem. VVG bzw. ARB nicht zwingend der Stichentscheid oder das Schiedsverfahren vorangehen. Beide Verfahren haben unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtswirkungen. Der Stichentscheid zugunsten des Versicherungsnehmers hat Bindungswirkung auf vertraglicher Grundlage, im Deckungsprozess ergeben sich prozessuale Wirkungen und im Ergebnis die Wirkung der prozessualen Rechtskraft. Diese Aspekte verdeutlichen, dass es sich um unterschiedliche Verfahren handelt, wobei das Verfahren des Stichentscheides oder des Schiedsverfahrens nicht als obligatorisch zu bewerten ist gegenüber der Möglichkeit des prozessualen Vorgehens durch Deckungsklage.