Rz. 20
Beruht die Schädigung des Kindes nicht allein auf einem Verhalten der Eltern, sondern ist hierfür auch ein außenstehender Dritter haftungsrechtlich verantwortlich, so wird dessen deliktische Verantwortlichkeit gegenüber dem Kind nicht dadurch berührt, ob und in welchem Umfang letzteres auch von den Eltern Schadensersatz fordern kann.
Rz. 21
Ein Mitverschulden der Eltern oder eines Elternteils muss sich das Kind gemäß §§ 254 Abs. 1, 278 BGB nur im Rahmen eines schon im Augenblick des Unfallgeschehens bestehenden Schuldverhältnisses oder einer einem solchen gleichstehenden Sonderrechtsverbindung zurechnen lassen; diese Voraussetzung ist bei einem deliktsrechtlich relevanten Schadensereignis regelmäßig nicht erfüllt.
Rz. 22
Scheidet eine Haftung der Eltern für ihre Mitverantwortung am Schaden des Kindes wegen der Haftungsprivilegierung des § 1664 Abs. 1 BGB aus, so mindert dies die volle deliktsrechtliche Haftung des außenstehenden Zweitschädigers auch nicht unter dem Gesichtspunkt des gestörten Gesamtschuldverhältnisses, da die Eltern in einem solchen Fall von vornherein nicht als Gesamtschuldner infrage kommen; vielmehr haftet hier der Dritte allein und ohne Rückgriffmöglichkeit gegenüber den Eltern.
Rz. 23
Liegt hingegen ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Eltern vor, das auch unter Berücksichtigung des Haftungsmaßstabs der §§ 1664, 277 BGB zu deren deliktsrechtlichen Einstandspflicht gegenüber dem Kind führt, so können sie mit dem außenstehenden Zweitschädiger Gesamtschuldner im Sinne des § 840 Abs. 1 BGB sein. Soweit einer der Gesamtschuldner auf den Schaden zahlt, findet ein Gesamtschluldner-Innenausgleich statt. In welchem Umfang der andere Gesamtschuldner ausgleichspflichtig ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Insbesondere ist nach § 254 BGB zu berücksichtigen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder von dem anderen Gesamtschuldner verursacht worden ist. Die Prüfung kann zu dem Ergebnis führen, dass der eine Gesamtschuldner gegenüber dem anderen von jeder Haftung frei wird. Eine Konstellation, in der ein Gesamtschuldner vom anderen ungeachtet seiner Verpflichtung dem Gläubiger gegenüber ganz freizustellen ist, kann sich vor allem ergeben, wo der Freizustellende nur wegen Verletzung einer Aufsichtspflicht oder Garantenpflicht haftbar ist, vermöge derer er eine von dem anderen ausgehende Gefährdung hatte verhüten sollen; dieser Grundsatz kommt schon in einigen gesetzlichen Regelungen (§ 840 Abs. 1 i.V.m. §§ 831, 832, § 1833 Abs. 2 S. 2 BGB) zum Ausdruck. Dabei darf sich die Abwägung nicht immer nur daran orientieren, in welchem Umfange jeder Beteiligte gerade die dem Geschädigten gegenüber geschuldete "im Verkehr erforderliche Sorgfalt" verletzt hat. Selbst wenn beide Gesamtschuldner dem Verletzten im Außenverhältnis in gleichem Umfang haften, kann im Innenverhältnis einer der Gesamtschuldner von der Haftung ganz freizustellen sein.