Dr. iur. Karl-Peter Pühler
Rz. 49
Die gesetzliche Unverfallbarkeit beschreibt die Voraussetzungen, bei deren Erfüllung eine Anwartschaft auf bAV dem Arbeitnehmer nicht mehr einseitig genommen werden darf. Die folgenden Voraussetzungen sind dabei gesetzlich festgelegt:
1. Gesetzliche Unverfallbarkeitsvoraussetzungen
Rz. 50
Die Regelungen für den Schutz von Versorgungsanwartschaften bei vorzeitiger Vertragsbeendigung gelten nur für Versorgungszusagen, die der Arbeitgeber freiwillig finanziert. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer sich teilweise an der Finanzierung aufgrund der getroffenen Rechtsbegründungsakte (z.B. einer Betriebsvereinbarung) zu beteiligen hat. Im Gegensatz dazu bestimmt § 1b Abs. 5 S. 1 BetrAVG, dass Versorgungsanwartschaften durch Entgeltumwandlung oder Eigenbeiträge sofort gesetzlich unverfallbar sind. In diesen erweiterten Schutz wurde der verpflichtende Arbeitgeberbeitrag gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG bei den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds einbezogen, sodass auch dieser Pflichtbeitrag mit Einzahlung sofort zu einem gesetzlich unverfallbaren Anspruch führt. Sie stehen im Ergebnis im Eigentum des Arbeitnehmers.
Rz. 51
Der Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit außerhalb der Entgeltumwandlung ist von der Dauer des Bestehens der Zusage und dem Lebensalter beim Ausscheiden beim Arbeitgeber abhängig. Der gesetzliche Grundsatz lautet, dass Versorgungszusagen nach Vollendung des 21. Lebensjahres und einer Zusagedauer von mindestens drei Jahren unverfallbar werden (§ 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG).
Rz. 52
Somit sind Versorgungszusagen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverfallbar und nicht einseitig wegnehmbar. Hat es im Laufe des Arbeitsverhältnisses Änderungen einer erteilten Versorgungszusage oder einen Wechsel des Durchführungswegs gegeben, gilt der Grundsatz der Einheit der Versorgungszusage. Eine Ausnahme hierfür gilt nur dann, wenn verschiedene vom Arbeitgeber erteilte Zusagen nicht in einem sachlichen Zusammenhang stehen.
Rz. 53
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit berechnet sich entsprechend der rechtlichen Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses. Berufsausbildungsverhältnisse werden dabei dem Arbeitsverhältnis gleichgestellt (§ 17 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BetrAVG). Zur Betriebszugehörigkeit rechnen auch Zeiten eines ruhenden Arbeitsverhältnisses und gesetzliche Erziehungszeiten.
2. Höhe der unverfallbaren Anwartschaft
Rz. 54
Die gesetzliche Unverfallbarkeitsregelung kennt seit einigen Jahren mehrere Methoden für ihre Ermittlung. Hierbei ist zu entscheiden zwischen dem zeitanteiligen Verfahren gem. § 2 Abs. 1 BetrAVG und der versicherungsvertraglichen Lösung nach § 2 Abs. 2 S. 2 ff. BetrAVG.
a) Zeitanteiliges Verfahren
Rz. 55
Beim zeitanteiligen Berechnungsverfahren ist zunächst in einem ersten Schritt die Versorgungsleistung festzustellen, die ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Eintritt des Versorgungsfalls zu erbringen wäre. Dabei erfolgt die Ermittlung jeweils nach der getroffenen Vereinbarung. Sodann wird in einem zweiten Schritt die erreichbare Leistung mit einem Unverfallbarkeitsfaktor gewichtet. Dieses auch als "m/n-tel-Verfahren" benannte Verfahren bedeutet, dass die tatsächlich abgeleistete Betriebszugehörigkeit durch die erreichbare Betriebszugehörigkeit bis zur Altersgrenze geteilt wird. Sodann wird in einem dritten Schritt die erreichbare Leistung mit dem Unverfallbarkeitsfaktor multipliziert. Diese Quote wird bei sämtlichen zusagten Versorgungsleistungen angewendet.
b) Versicherungsvertragliche Lösung
Rz. 56
Bei der versicherungsvertraglichen Lösung ist Voraussetzung, dass die als Altersversorgung versprochene Versicherung (Direktversicherung, Pensions- oder Pensionsfondszusage) dem ausscheidenden Arbeitnehmer übertragen wird. Faktisch wird dieser Versicherungsvertrag beitragsfrei gestellt und auf den ausgeschiedenen Arbeitnehmer übertragen. Dieses Verfahren dient vor allem der Verwaltungsvereinfachung.
c) Aufgelaufene Leistung
Rz. 57
Bei Versorgungszusagen, die über Entgeltumwandlungsvereinbarungen durch die Arbeitnehmer finanziert worden sind, gibt es als weitere Berechnungsmöglichkeit die Ermittlung der aufgelaufenen Leistung nach § 2 Abs. 5 BetrAVG. Diese auch bei beitragsorientierten Leistungszusagen, die vom Arbeitgeber finanziert sind, anwendbare Methode ermittelt als Höhe der unverfallbaren Anwartschaft den bis zum Ausscheiden aufgelaufenen Beitrag einschließlich etwaiger Zinsgutschriften.
d) Angesammeltes Versorgungskapital mit Mindestleistung
Rz. 58
Bei dieser in § 2 Abs. 6 BetrAVG festgelegten Methode, die bei allen Beitragszusagen mit Mindestleistung in den versicherungsförmigen Durchführungswegen verwendet werden kann, entspricht der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft dem bis zum Ausscheiden geb...