Prof. Dr. Hans Josef Vogel
Rz. 178
Den Reisevermittler treffen zahlreiche Pflichten vor und nach dem Abschluss des Reisevertrags. Er muss den Reisenden beraten und informieren und überdies – auch in Erfüllung der Verpflichtungen des Reiseveranstalters – Informationen an den Reisenden übermitteln.
a) Vorvertragliches Beratungsgespräch
Rz. 179
Dem Reisevermittler ist in § 651b Abs. 1 BGB die Möglichkeit eröffnet, ein Beratungsgespräch zu führen, in dem er den Kunden hinsichtlich seines Reisewunschs befragt und allgemein zu Reiseangeboten berät. Dies stellt noch nicht den Beginn des Buchungsvorgangs dar. Hintergrund dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass aufgrund der weiten Definition der Pauschalreise bereits jede Abfrage des Kundenwunschs zu einem Buchungsvorgang führt.
b) Vorvertragliche Informationspflichten
Rz. 180
Der Kunde ist vor Abgabe seiner Vertragserklärung über den Abschluss des Reisevertrags anhand eines Formblatts über seine Rechte zu informieren, § 651v Abs. 1 BGB. Die entsprechenden Informationspflichten treffen nach § 651d BGB ebenso den Reiseveranstalter; die Pflichten sind nur einmal zu erfüllen, wie sich aus § 651d Abs. 1 S. 2 BGB ergibt.
Rz. 181
Das Formblatt unterscheidet sich je nach der tatsächlich gebuchten Reise, sodass immer eine Prüfung erfolgen sollte, ob das zutreffende Formblatt ausgehändigt wurde. Vor Buchung einer Pauschalreise sind dem Kunden darüber hinaus weitere Informationen zu seiner Reise zu Verfügung zu stellen, die in Art. 250 § 1 bis § 3 EGBGB aufgeführt sind. Für den Reisevermittler besteht indes keine gesetzliche Verpflichtung, Informationen nach Vertragsschluss, aber vor Reiseantritt zu erteilen, da Art. 250 § 6 EGBGB nicht in § 651d Abs. 1 S. 1 BGB erwähnt ist.
Welche Informationen im Einzelnen erforderlich sind, ergibt sich aus Art. 250 § 3 EGBGB; diese Informationen sind nur zu erteilen, soweit sie für die betreffende Pauschalreise von Belang sind.
Rz. 182
Die Informationen sind einerseits eine eigene vertragliche Pflicht des Reisevermittlers, andererseits stellt die Übergabe der Informationen auch die Erfüllung der Verpflichtungen des Reiseveranstalters dar. Durch diesen Mechanismus soll eine Doppelung von Informationen verhindert werden. Beide sind indes für die Erteilung der Informationen beweisbelastet, § 651d Abs. 4 BGB (Reiseveranstalter) und § 651v Abs. 1 S. 3 BGB (Reisevermittler). Reiseveranstalter und Reisevermittler vereinbaren in den Agenturverträgen regelmäßig, wer die Informationen dem Reisenden zur Verfügung stellt und wer die Informationen zusammenstellt; typisch ist dabei, dass der Reisevermittler, da er den Buchungsprozess durchführt, die Informationen an den Reisenden reicht, diese aber vom Reiseveranstalter zur Verfügung gestellt werden.
c) Verletzung der Pflichten des Reisevermittlers
Rz. 183
Bei der anwaltlichen Beratung sollte stets berücksichtigt werden, dass die Inanspruchnahme des Reisevermittlers wegen einer Verletzung von Informationspflichten nicht die reiserechtlichen Gewährleistungsansprüche eröffnet. Möglicherweise in Betracht kommende Schadensersatzansprüche wegen immaterieller Schäden (entgangene Urlaubsfreude) treffen nur den Veranstalter, nicht aber den Vermittler. Es ist daher sorgfältig zu überlegen, ob tatsächlich der Vermittler aus einer Verletzung des Vermittlungsvertrags in Anspruch genommen wird oder ob der Reiseveranstalter der richtige Anspruchsgegner ist. In der Variante 2 des typischen Sachverhalts (Rdn 175) wäre daher ein Anspruch nach § 651n Abs. 2 BGB nur gegen den Reiseveranstalter möglich, nicht aber gegen den Reisevermittler. Gegen den Reisevermittler bleiben nur Ansprüche aus dem allgemeinen Schuldrecht.
Rz. 184
Indes ist der Reisevermittler nicht durchgängig nur Vertreter des Reiseveranstalters. Vielmehr gibt es eine zeitlich Zäsur: Bis zur sog. Auswahlentscheidung des Reisenden ist allein der Reisevermittler verantwortlich. Gemeint ist damit, dass ein Reisevermittler zunächst dem Kunden eine Vielzahl von Angeboten unterschiedlicher Reiseveranstalter unterbreitet und daher zunächst nur aufgrund eines vertraglichen Verhältnisses zum Reisenden tätig wird. Erst wenn sich der Kunde für einen Reiseveranstalter oder für eine konkrete Reise entschieden hat, tritt der Reisevermittler als Vermittler dieses Reiseveranstalters auf. Der Reisende, der z.B. eine Jugendreise sucht, wird also zunächst hinsichtlich der auf diesem Markt tätigen Spezial-Reiseveranstalter beraten. Empfiehlt hier der Reisevermittler einen Reiseveranstalter, der keine Jugendreisen anbietet, liegt zunächst eine Fehlberatung allein des Reisevermittlers vor und allein gegen ihn können sich Ansprüche richten. Entscheidet sich der Kunde aber für einen bestimmten Jugendreiseveranstalter, handelt der Reisevermittler in der Beratung des Kunden zu diesem Veranstalter nunmehr auch als Vertreter dieses Veranstalters.
d) Informationspflichten bei der Vermittlung von Einzelleistungen
Rz. 185
Im Rahmen der Vermittlung einer einzelnen Reiseleistung bestehen ebenfalls Informationspflichten, die nicht aus Art. 250 § 1 bis § 3 EGBGB folgen, sondern aus §§ 675, 241 Abs. 2, 2...