Rz. 1

Das Reiserecht ist kein einheitlich kodifiziertes Rechtsgebiet, sondern speist sich aus einer Vielzahl von Rechtsquellen. Die sowohl in der wirtschaftlichen Bedeutung als auch der gesetzlichen Regelung wichtigste Form ist nach wie vor die Pauschalreise. Mit dem dritten Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften vom 17.7.2017 wurde die Richtlinie (EU) 2015/2302 vom 25.11.2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen ("Pauschalreiserichtlinie") in deutsches Recht transformiert. Hierdurch ist es zu einer erheblichen Umgestaltung des früheren Rechtsstandes gekommen:

Für Buchungen ab dem 1.7.2018 gilt das neue Reiserecht, die §§ 651a bis 651y BGB. Bereits die Überschrift des entsprechenden Untertitels 4 – "Pauschalreisevertrag, Reisevermittlung und Vermittlung verbundener Reiseleistungen" – zeigt den erweiterten Anwendungsbereich.

Die Art. 250 ff. EGBGB wurden ebenfalls angepasst und gerändert. Dort finden sich zahlreiche Regelungen zu Informationspflichten bei Pauschalreisen (Art. 250 EGBGB), zu Informationspflichten bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen (Art. 251 EGBGB) und zur Kundengeldabsicherung (Art. 252 EGBGB).

 

Rz. 2

Neben der Pauschalreise ist dementsprechend geregelt das Recht der Reisevermittlung (§§ 661v, 675, 631 BGB) und das Recht der Vermittlung verbundener Reiseleistungen (§ 651w BGB).

Das Recht der Individualreise ist demgegenüber Regelungsgegenstand des Besonderen Schuldrechts. Es kann sich abhängig vom Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung etwa um einen Dienstvertrag handeln (z.B. Kurse, wie ein Sprachkurs im Ausland), um einen Mietvertrag über Sachen (z.B. die Anmietung eines Fahrzeugs), um einen Werkvertrag (wie etwa ein Vertrag über die Beförderung einer Person) oder um einen typengemischten Vertrag (z.B. ein Hotelaufenthalt, der Elemente aller drei vorgenannten Verträge enthält). Hinzu kommen zahlreiche Vorschriften, die sich auf Leistung und Verbraucherrechte auswirken, wie etwa im Luftverkehr u.a. die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ("Fluggastrechte-VO").

 

Rz. 3

Entsprechend dieser Einteilung folgen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien jeweils anderen Regeln. Wesentlich ist also stets die richtige Einordnung der Reise. Die Einschätzung des Mandanten oder der übliche Sprachgebrauch können tatsächlich von der Rechtslage abweichen; manches an bisher gewohnter Übung ist auch durch die Neufassung des Reiserechts geändert worden. So ist etwa die über 30-jährige (nur in Deutschland geübte) Auslegung, Einzelleistungen, die durch einen Veranstalter erbracht werden, als Pauschalreise anzusehen,[1] nicht mehr möglich, da sich der Gesetzgeber im Umsetzungsverfahren explizit gegen eine Einbeziehung der Einzelleistungen in das Regime der Pauschalreise entscheiden hat.[2] Auch der Ferienhausmietvertrag ist "nur" noch ein gemischter Beherbergungsvertrag, aber kein Pauschalreisevertrag mehr.[3]

 

Rz. 4

Hinweis: Der Schwerpunkt der Tätigkeit des nicht auf Reiserecht spezialisierten Anwalts wird häufig in der Beratung des Reisenden liegen; deshalb ist nachfolgend in den typischen Sachverhalten bewusst auf die Interessenvertretung des Reisenden und nicht des Reiseveranstalters, des Reisevermittlers und des Leistungserbringers abgestellt

[2] Thöle, RRa 2017, 165; Methmann, RRa 2017, 162.
[3] Führich/Führich, § 47 Rn 123.

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