Prof. Dr. Hans Josef Vogel
Rz. 80
Durch die Abhilfe (§ 651k Abs. 1 BGB) wird der Mangel der Reisleistung beseitigt, so dass tatsächliche Beschaffenheit und vertraglich geschuldete Beschaffenheit gleich sind (zum Mangelbegriff siehe Rdn 141).
(1) Abhilfeverlangen
Rz. 81
Erforderlich ist ein Abhilfeverlangen gegenüber dem Reiseveranstalter (der Reisende muss diese Information im Rahmen der vorvertraglichen Unterrichtung (Art. 250 § Nr. 2 EGBGB) und in der Abschrift oder Bestätigung des Vertrags (Art. 250 § 6 Abs. 2 Nr. 4 EGBGB) erhalten), gegenüber dem Reisevermittler oder einem anderen Empfangsbevollmächtigten (vgl. § 651v Abs. 4 BGB) oder der örtlichen Reiseleitung. Diese muss auch erreichbar sein. Fehlt es an einer Erreichbarkeit, kann der Reisende nicht durch AGB verpflichtet werden, Abhilfeverlangen ausnahmslos an die deutsche Zentrale zu senden. Der Leistungserbringer, also z.B. der Hotelier, ist nicht Empfänger – ein häufiger Fehler der Reisenden. Ausnahmsweise liegt eine Empfangszuständigkeit vor, wenn der Reiseveranstalter den Leistungserbringer als Empfänger für Abhilfeverlangen in den vorvertraglichen Informationen und/oder der Reise-/Vertragsbestätigung bezeichnet hat. In der Praxis kommt es auch immer wieder vor, dass die Information, Beschwerden an den Leistungserbringer zu richten, von der örtlichen Reiseleitung kommt. Dieser Umstand ist, wenn es auf ein Abhilfeverlangen ankommt, dann substanziiert und unter Beweisantritt vorzutragen, da der Reisende insoweit beweisbelastet ist. Fehlt es an zutreffenden Informationen, kann sich der Reiseveranstalter nicht darauf berufen, die Kommunikation sei unterblieben.
Inhalt der Erklärung ist einerseits die Beschreibung des Mangels, andererseits die Aufforderung zur Beseitigung.
(2) Bewertung der Abhilfemaßnahmen
Rz. 82
Streitpunkt zwischen Reisenden und Reiseveranstaltern ist immer wieder die Frage, ob die Abhilfe ordnungsgemäß ist. Ordnungsgemäß ist sie, wenn sie den Mangel beseitigt.
Ob der Mangel beseitigt wird, ist immer eine Frage des Einzelfalls. In vielen Situationen liegt dies klar auf der Hand: Eine reparierte Klimaanlage ist nicht mehr mangelhaft; eine falsche Kabine ist nach Wechsel in die gebuchte Kategorie eine vertragsgerechte Leistung. Wenn aber anstelle des in der Ferienanlage zugesagten Restaurants (das z.B. wegen einer Renovierung geschlossen ist) ein Restaurant in einem benachbarten Hotel kostenfrei besucht werden kann, muss nicht ohne weiteres von einer vollständigen Abhilfe ausgegangen werden. Vielmehr kann hier, abhängig von den Gegebenheiten im Einzelnen, nach wie vor ein Mangel bestehen, der Gewährleistungsansprüche – wenn auch etwa hinsichtlich einer Minderung – in geringerem Umfang begründet. Zu berücksichtigen wäre im Fall des Restaurants etwa der Weg zum anderen Restaurant (Dauer, Beschwerlichkeit), die Frage, ob eine Reservierung notwendig ist oder nicht, und schließlich auch die Größe des Restaurants sowie die Qualität und Auswahl der angebotenen Speisen.
Rz. 83
Die Abhilfe ist dann tauglich (d.h. der Mangel wird beseitigt und der Pauschalreisevertrag erfüllt), wenn sie aus Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden zumutbar ist. Das ist dann der Fall, wenn die Abhilfe den Gesamtzuschnitt der Reise nicht ändert, zumindest gleichwertig und mängelfrei ist. Der Reisende muss keine Verbesserung hinnehmen, während Mängel nach wie vor bestehen. Der Reiseveranstalter trägt insoweit die Beweislast. Die Frage der Angemessenheit der Abhilfe ist häufig kontrovers; auch wenn der Reiseveranstalter die Beweislast trägt, muss erheblich vorgetragen werden. Allgemeinplätze reichen nicht aus, sondern es muss konkret zu den Abweichungen Vortrag erfolgen; hierzu mag etwa die Distanz zu einem Alternativ-Restaurant, die Verfügbarkeit von als Abhilfe in einem anderen Hotel angebotenen Sportmöglichkeiten oder die Entfernung zum Strand und zu anderen Einrichtungen gehören.
(3) Abhilfe und andere Gewährleistungsrechte
Rz. 84
Für die Reisezeit ab der Abhilfe sind, wenn sie ordnungsgemäß ist, weitere Gewährleistungsansprüche ausgeschossen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben Gewährleistungsrechte bestehen. Auch für mit der Abhilfe verbundene Beeinträchtigungen (z.B. Zimmer- oder Hoteltausch) können Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden. Die Abhilfe muss kostenfrei erbracht werden, wie die Pauschalreiserichtlinie (Art. 13 Abs. 4) ausdrücklich klarstellt. Wenn Abhilfe nur durch eine qualitativ höherwertige Leistung möglich ist, sind die Mehrkosten durch den Reiseveranstalter zu tragen. Immer wieder gibt es Fälle, in denen vor Ort durch die Reiseleitung ein Mangel nicht anerkannt wird, aber dem Kunden gegen Zahlung eines Aufpreises die Möglichkeit eingeräumt wird, etwa das Quartier zu wechseln. Hier muss der Sachverhalt genau ermittelt...