Prof. Dr. Hans Josef Vogel
Rz. 135
Dem Reisenden steht nach § 651n Abs. 2 BGB auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird. Es handelt sich hierbei um einen materiellen Ausgleich immaterieller Schäden, der unabhängig von Einkommen oder Erwerbstätigkeit geleistet wird.
(1) Rechtsnatur des Anspruchs auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, Voraussetzungen
Rz. 136
Nach Auffassung des BGH handelt es sich bei dem Anspruch um einen immateriellen Schadensersatzanspruch. Voraussetzung für den Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Urlaubs ist entweder die Vereitelung der Reise oder ihre erhebliche Beeinträchtigung. Vereitelt ist die Reise immer dann, wenn sie gar nicht erst stattfindet oder bereits unmittelbar nach Ankunft wieder abgebrochen wird, etwa wegen einer Kündigung.
Rz. 137
Derartige Schadensersatzansprüche können auch bestehen, wenn der Reisende wegen einer Preiserhöhung um mehr als 8 % des Gesamtpreises oder einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Eigenschaft der Reise vom Vertrag zurücktritt. Soweit sich in diesen Fällen der Reiseveranstalter nicht auf einen der Ausschlussgründe des § 651n Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB berufen kann, drohen auch hier Schadensersatzzahlungen wegen der Vereitelung der Reise. Die Höhe der Entschädigungszahlung liegt in der Regel bei dem hälftigen Reisepreis und kann bis zu 100 % des Reisepreises ausmachen. Entscheidend ist, ob besondere Umstände dafür sprechen, dass jenseits der ansonsten üblichen Kompensation von 50 % ein höherer Schaden besteht. Insoweit kann auch ein unbezifferter oder mit einer Mindestforderung versehener Klageantrag gestellt werden.
Rz. 138
Neben der Vereitelung der Reise berechtigt auch die erhebliche Beeinträchtigung der Reise zu einem Schadensersatzanspruch. Der BGH hat inzwischen schematischen Bewertungen, orientiert an einer Minderungsquote, eine Absage erteilt. Entscheidend ist vielmehr, ob im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls der Urlaub ganz oder teilweise als vertan angesehen werden muss. Zu berücksichtigen ist, wie gravierend sich der Mangel für das Urlaubserlebnis des Reisenden tatsächlich dargestellt hat und welche Auswirkungen der Mangel hatte. Hierbei sind Art und Dauer der Beeinträchtigung, ihre Schwere, aber auch der Zweck der Reise einzustellen.
(2) Bemessung des Schadensersatzes
Rz. 139
Es ist auch möglich, für einzelne Tage entsprechende Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn zwar nicht der gesamte Urlaub, aber eben einzelne Tage erheblich beeinträchtigt sind. Auch hier gilt, dass eine hinreichende Darstellung der tatsächlichen Auswirkungen des Mangels auf die Nutzung der Reise von erheblicher Bedeutung ist.
Anrechnungen anderweitiger Urlaube ("Balkonien") kommen nicht in Betracht.