Rz. 159
Ist der Anwalt in einem Bußgeldverfahren lediglich damit beauftragt, zu prüfen, ob eine Rechtsbeschwerde nach § 79 OWiG oder ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG Aussicht auf Erfolg hat, ohne dass ihm bereits die Verteidigung im Rechtsbeschwerde- oder Zulassungsverfahren übertragen worden ist, so erhält er eine Gebühr nach Nr. 2102 VV in Höhe von 36,00 EUR bis 384,00 EUR; die Mittelgebühr beträgt 210,00 EUR.
Rz. 160
Diese Gebühr ist anzurechnen, wenn es anschließend zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens oder des Verfahrens auf Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt (Anm. zu Nr. 2102 VV).
Rz. 161
Erstreckt sich die Prüfung nur auf eine Entscheidung über eine Einziehung, entsteht insoweit eine Prüfungsgebühr nach Nr. 2100 VV. Durch das 2. JuMoG ist klargestellt worden, dass auch in den Teilen 4 bis 6 VV die Nrn. 2100, 2101 VV anzuwenden sind, soweit dort nach dem Gegenstandswert abgerechnet wird. Der Anwalt erhält dafür eine Gebühr in Höhe von 0,5 bis 1,0 (Mittelgebühr 0,75) aus dem Gegenstandswert.
Rz. 162
Auch die Prüfungsgebühr der Nr. 2100 VV ist anzurechnen, soweit das Rechtsmittel durchgeführt wird (Anm. zu Nr. 2100 VV).
Rz. 163
Erstreckt sich die Prüfung sowohl auf ein Rechtsmittel gegen das Bußgeld als auch gegen eine Entscheidung über eine Einziehung, entstehen beide Prüfungsgebühren, die dann gegebenenfalls auch beide anzurechnen sind.
Rz. 164
Ob der Anwalt im vorangegangenen erstinstanzlichen Verfahren Verteidiger war, ist unerheblich. Die Prüfung der Erfolgsaussicht ist auch für ihn eine eigene selbstständige Tätigkeit, was sich schon daraus ergibt, dass es sich um eine außergerichtliche Tätigkeit (geregelt in Teil 2 VV) handelt. Lediglich das Einlegen der Rechtsbeschwerde bzw. des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG noch zur Ausgangsinstanz, nicht aber die Prüfung der Erfolgsaussicht.
Rz. 165
Hinzu kommt die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV. Diese fällt allerdings nur an, wenn tatsächlich auch Auslagen entstehen, also etwa dann, wenn die Prüfung schriftlich erfolgt oder der Anwalt das mündliche Prüfungsgespräch wunschgemäß nochmals schriftlich zusammenfasst und dem Mandanten zusendet, also nicht bei bloßer mündlicher Prüfung.
Beispiel 83: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Rechtsbeschwerde, Rechtsbeschwerde wird nicht eingelegt
Der Mandant ist vom Amtsgericht zu einem Bußgeld sowie einem Fahrverbot verurteilt worden. Er beauftragt den Verteidiger, zu prüfen, ob eine Rechtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt rät hiervon ab. Zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens kommt es nicht.
Der Anwalt kann lediglich eine Gebühr nach Nr. 2102 VV abrechnen.
1. |
Prüfungsgebühr, Nr. 2102 VV |
|
210,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
230,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
43,70 EUR |
Gesamt |
|
273,70 EUR |
Rz. 166
Beispiel 84: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Zulassungsantrags, Zulassungsantrag wird nicht eingelegt
Der Mandant ist vom Amtsgericht zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 100,00 EUR verurteilt worden. Er beauftragt den Verteidiger, zunächst zu prüfen, ob ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt verneint dies. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird nicht gestellt.
Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 83, da der Antrag auf Zulassung bereits zum Rechtsbeschwerdeverfahren zählt.
Rz. 167
Beispiel 85: Prüfung der Erfolgsaussicht einer Rechtsbeschwerde, Rechtsbeschwerde wird durchgeführt
Der Mandant ist vom Amtsgericht zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 100,00 EUR nebst Fahrverbot verurteilt worden. Er beauftragt den Verteidiger, zunächst zu prüfen, ob ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt bejaht dies. Die Rechtsbeschwerde wird durchgeführt und der Mandant ohne mündliche Verhandlung freigesprochen.
Für die Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels entsteht wiederum die Vergütung nach Nr. 2102 VV. Jetzt ist die Prüfungsgebühr nach Anm. zu Nr. 2102 VV auf die Verfahrensgebühr des Rechtsbeschwerdeverfahrens (Nr. 5113 VV) anzurechnen.
I. |
Prüfung der Erfolgsaussicht |
|
Wie Beispiel 83. |
II. |
Rechtsbeschwerdeverfahren |
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 5113 VV |
|
352,00 EUR |
2. |
gem. Anm. zu Nr. 2102 VV anzurechnen |
|
– 210,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
162,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
30,78 EUR |
Gesamt |
|
192,78 EUR |
Rz. 168
Beispiel 86: Prüfung der Erfolgsaussicht eines Zulassungsantrags, Zulassungsantrag wird eingereicht
Der Mandant ist vom Amtsgericht zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 100,00 EUR verurteilt worden. Er beauftragt den Verteidiger, zunächst zu prüfen, ob ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg habe. Der Anwalt bejaht dies, sodass der Zulassungsantrag gestellt wird. Dieser wird jedoch zurückgewiesen.
Für die Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels ents...