1. Überblick
a) Die Gebühren des Verteidigers
Rz. 10
Die Gebühren des Verteidigers in Bußgeldsachen finden sich in Teil 5 Abschnitt 1 VV, in den Nrn. 5100 ff. VV.
Rz. 11
Neben der einmaligen Grundgebühr nach Nr. 5100 VV (vgl. Rdn 25 ff.) erhält der Anwalt in jedem der einzelnen Verfahrensstadien Verfahrens- und Terminsgebühren sowie u.U. zusätzliche Gebühren (Nrn. 5115, 5116 VV) und Auslagen (Teil 7 VV).
b) Die verschiedenen Verfahrensabschnitte
Rz. 12
Unterschieden wird nach verschiedenen Verfahrensstadien, die jeweils eine eigene Angelegenheit darstellen:
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das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde, Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 (§ 17 Nr. 11 RVG), |
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das erstinstanzliche gerichtliche Verfahren, Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 (§ 17 Nr. 11 RVG), |
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das Verfahren der Rechtsbeschwerde (Abschnitt 1 Unterabschnitt 4) einschließlich des Verfahrens auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 17 Nr. 1, 16 Nr. 11 RVG), |
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das erneute erstinstanzliche Verfahren nach Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1 RVG), |
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das Wiederaufnahmeverfahren (Vorbem. 5.1.3 VV i.V.m. Abschnitt 1 Unterabschnitt 3), |
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das wieder aufgenommene Verfahren (§ 17 Nr. 13 RVG). |
Rz. 13
Strittig war, ob das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das anschließende gerichtliche Verfahren eine Angelegenheit darstellt oder ob es sich um zwei Angelegenheiten handelt. Das hatte insbesondere Bedeutung dafür, ob eine oder zwei Postentgeltpauschalen (Nr. 7002 VV) anfallen, ob Kopierkosten gesondert zu zählen sind (Anm. zu Nr. 7000 VV), ob gegebenenfalls unterschiedliche Umsatzsteuersätze gelten etc. Nach zutreffender Auffassung war immer schon von zwei verschiedenen Angelegenheiten auszugehen. Nach anderer Auffassung, der sich schließlich auch der BGH angeschlossen hatte, war dagegen lediglich eine Angelegenheit gegeben. Da der Gesetzgeber aber immer schon von zwei verschiedenen Angelegenheiten ausgegangen ist, hat er mit dem 2. KostRMoG durch die Neufassung des § 17 Nr. 11 RVG zum 1.8.2013 klargestellt, dass es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt.
c) Mehrere Bußgeldverfahren
Rz. 14
Mehrere Bußgeldverfahren sind auch jeweils eigene gesonderte Angelegenheiten. Das gilt auch dann, wenn mehrere Bußgeldbescheide von derselben Behörde gegen denselben Betroffenen wegen gleichartiger Ordnungswidrigkeiten erlassen worden sind. In diesem Fall schadet es noch nicht einmal, wenn der Verteidiger seine Einlassung unter Bezugnahme auf die einzelnen Bußgeldverfahren in einem Schriftsatz zusammenfasst.
Beispiel 1: Mehrere Bußgeldverfahren
Gegen den Betroffenen sind insgesamt zuletzt verschiedene Bußgeldverfahren mit jeweils unterschiedlichen Geschäftsnummern eingeleitet worden und zwölf Bußgeldbescheide ergangen, jeweils wegen des gleichen Vorwurfs, allerdings zu verschiedenen Zeitpunkten begangen. Der Verteidiger bestellt sich in allen Angelegenheiten und erreicht in allen Verfahren eine Einstellung.
Es liegen zwölf verschiedene Angelegenheiten vor, sodass der Verteidiger zwölf Mal seine Vergütung abrechnen kann.
Rz. 15
Erst mit einer Verbindung wird aus mehreren Angelegenheiten eine einzige Angelegenheit (siehe dazu Rdn 76 ff.)
d) Die Gebührenrahmen
Rz. 16
Während die Grundgebühr sich stets nach demselben Gebührenrahmen bemisst und für die zusätzliche Verfahrensgebühr der Nr. 5116 VV ein fester Gebührensatz (1,0) nach dem Gegenstandswert vorgesehen ist, gelten für die Gebühren im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren je nach Höhe des Bußgelds unterschiedliche Gebührenrahmen.
Rz. 17
Insoweit sieht das Gesetz für die Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde und für die Tätigkeit im ersten Rechtszug drei verschiedene Gebührenrahmen vor. Je nach Höhe des Bußgeldes, hinsichtlich dessen der Anwalt verteidigt, entstehen unterschiedlich hohe Gebühren.
Rz. 18
Nach der bis zum 25.7.2015 geltenden ursprünglichen Gesetzesfassung wurde gestaffelt nach:
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Bußgeldern unter 40,00 EUR (alte Punktegrenze), |
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Bußgeldern von 40,00 bis 5.000,00 EUR, |
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Bußgeldern über 5.000,00 EUR. |
Diese vormalige Staffelung sei hier erwähnt, um ältere Gerichtsentscheidungen nachvollziehen zu können, die unter Berücksichtigung der neuen Staffelung nach wie vor Geltung haben.
Rz. 19
Da zum 1.5.2014 die "Punktegrenze" von 40,00 EUR auf 60,00 EUR angehoben worden war (§ 56 Abs. 1 OWiG), hat der Gesetzgeber zum 25.7.2015 auch das RVG dahingehend geändert, dass nunmehr folgende Staffelung gilt:
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Bußgelder unter 60,00 EUR (neue Punktegrenze), |
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Bußgelder von 60,00 bis 5.000,00 EUR, |
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Bußgelder über 5.000,00 EUR. |
Rz. 20
Da nur die Staffelung geändert worden ist, haben ältere Entscheidungen nach wie vor Bedeutung. Gegebenenfalls muss dann auf die neue Staffelung "umgerechnet" werden.
Rz. 21
Bei der Bestimmung des Gebührenrahmens ist Folgendes zu beachten:
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Ist zum Zeitpunkt der Beauftragung des Verteidigers der Bußgeldbescheid bereits erlassen, so ist der festgesetzte Betrag maßgebend (Vorbem. 5.1 Abs. 2 S. 1 VV). |
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Ist ein Bußgeldbescheid noch nicht erlas... |