Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 238
Soweit die Sozialversicherungsträger im Zeitraum bis zum 31.12.1983 Barleistungen (Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld) zu erbringen hatten, oblag es ihnen, hieraus die Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen (§ 12 Nr. 2 RehaAnglG i.E., § 1227 Abs. 1 Nr. 8a RVO a.F., § 2 Abs. 1 Nr. 10a AVG a.F., § 29 Abs. 1 Nr. 5 RKG a.F., §§ 168 Abs. 1a, 171 Abs. 1a AFG a.F., § 381 Abs. 3a RVO a.F.).
Rz. 239
Die vom Sozialversicherungsträger kraft Gesetzes zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge dienen der Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft des Verletzten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es handelt sich deshalb um einen nach dem gesetzlichen Beitragssatz und dem jeweiligen Bruttoeinkommen bemessenen Pflichtbeitrag, der den Arbeitnehmer vor den Folgen von Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit schützt und die der Sozialversicherungsträger im Rahmen des Sozialversicherungsverhältnisses dem Betroffenen schuldet. Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer ist verpflichtet, für die hierzu notwendigen Beiträge im Rahmen des Verdienstausfallschadens im Sinne der §§ 842, 843 BGB, § 11 StVG aufzukommen. Der Forderungsübergang tritt in Höhe der vom Sozialversicherungsträger geleisteten Beiträge ein (§ 1542 RVO a.F., § 116 SGB X).
Rz. 240
Nimmt der Sozialversicherungsträger den Schädiger wegen der geleisteten RV-Beiträge in Anspruch, ist er auf den Beitrag beschränkt, den er aus der dem Versicherten geschuldeten Sozialleistung erbringt. Im Falle der hälftigen Beitragstragung darf der Sozialversicherungsträger daher auch nur den auf ihn entfallenden Beitragsanteil in die Regressrechnung einbringen. Hat er zuvor den vollen RV-Beitrag unter Einschluss des Versichertenanteils an den Rentenversicherungsträger und damit insoweit zu Unrecht abgeführt, besteht insoweit allein die Möglichkeit der Verrechnung gegenüber dem Versicherten bei Auszahlung der Lohnersatzleistung. Insoweit stützt sich der Anspruch des Sozialversicherungsträgers auf Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
Rz. 241
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass Verletzte in vielen Fällen die Einforderung ihres Fortkommensschadens unterließen, was u.a. auch Grund für die Schaffung des § 119 SGB X war. Danach wird der Fortkommensschaden für Schadensfälle ab dem 1.7.1983 vom Forderungsübergang nach § 119 SGB X erfasst (Rdn 446 ff.). Anwendungsfall für § 119 SGB X: Die vom Sozialversicherungsträger zu leistenden Rentenversicherungsbeiträge errechnen sich bis zum 31.12.1994 aus der Lohnersatzleistung (z.B. Verletztengeld) und ab 1.1.1995 aus 80 % des der Lohnersatzleistung zugrunde liegenden Einkommens (§ 166 Abs. 2 SGB VI). Ohne den Unfall wären die Beiträge dagegen nach dem Bruttoarbeitslohn berechnet und abgeführt worden. Die sich ergebenden Beitragsdefizite sind als Fortkommensschaden vom Schädiger auszugleichen. Ab 1.7.1983 unterliegt der "Spitzbetrag" dem Forderungsübergang nach § 119 SGB X. Ob der damit verbundene Verwaltungsaufwand aus wirtschaftlicher Sicht angemessen war, sei angesprochen.
Rz. 242
Die von einem Rehabilitationsträger (Sozialversicherungsträger) für den Verletzten gezahlten Krankenversicherungsbeiträge unterliegen dem Forderungsübergang. Sie sind dem Verdienstausfallschaden kongruent.
Rz. 243
Der auf Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Übergangsgeld entfallende Beitrag zur Rentenversicherung ist vom Leistungsträger (Bundesanstalt für Arbeit, Unfallversicherungsträger) dagegen in vollem Umfang mit der Folge zu tragen, dass nach § 116 SGB X der Regress allein ihm zukommt. Da den Versicherten selbst keine Beitragspflicht trifft, entsteht ihm auch kein Schaden. Auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, die der Sozialversicherungsträger für den Verletzten zu zahlen hat (§ 186 Abs. 1 AFG a.F.), unterliegen dem Forderungsübergang. Die schadensersatzrechtlichen Überlegungen sind die gleichen wie bei den Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen.