Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 244
Das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22.12.1983 führte mit Wirkung ab 1.1.1984 in der Rentenversicherung zur Streichung derjenigen Vorschriften, die die Beitragspflicht der Sozialversicherungsträger begründet hatten. Stattdessen bestimmte der neu eingeführte § 1385b Abs. 1 RVO a.F., dass bei Zahlung von Kranken- und Verletztengeld usw. "Beiträge" zur Rentenversicherung zu entrichten waren. Ab diesem Zeitpunkt waren daher Rentenversicherungsbeiträge zugunsten der Versicherten durch die Sozialversicherungsträger nicht mehr zu erbringen. Ebenso entfiel die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Allerdings hatten die Sozialversicherungsträger gem. § 186 AFG in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 unter bestimmten Voraussetzungen während der medizinischen und beruflichen Rehabilitation Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Weil § 381 Abs. 3a RVO a.F., der die Beitragspflicht der Sozialversicherungsträger zur gesetzlichen Krankenversicherung begründete, durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 unberührt blieb, oblag den Sozialversicherungsträgern ab 1.1.1984 nur noch die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung und zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Rz. 245
Die sog. Rentenversicherungsbeiträge, die der Sozialversicherungsträger gem. § 1385b RVO a.F. für Ausfallzeiten an den Träger der Rentenversicherung zu zahlen hatte, dienten nicht der Aufrechterhaltung des versicherungsrechtlichen Status des Verletzten, sondern dem internen Lastenausgleich zwischen den sozialen Leistungsträgern. Die Zahlung dieser Beiträge führt deshalb nicht zu einem Erstattungsanspruch des Sozialversicherungsträgers gegen den Schädiger. Es fehlte die sachliche Kongruenz mit dem nach §§ 842, 843 BGB ersatzpflichtigen Schaden. Ein Forderungsübergang nach § 116 SGB X fand daher insoweit nicht statt. Der hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge beim Verletzten vorliegende Verdienstausfall- und Fortkommensschaden ging vielmehr nach § 119 SGB X über. Soweit der Rentenversicherungsträger den "Beitragsschaden" nach § 119 SGB X regressiert hatte, waren die erzielten Beträge dem Rentenkonto des Versicherten gutzuschreiben mit der weiteren Folge, dass in Höhe der Einnahmen die zuvor vom Sozialversicherungsträger an den Verletzten entrichteten "unechten Rentenversicherungsbeiträge" (Trägerbeiträge nach § 1385b Abs. 1 RVO a.F.) zurückgezahlt werden mussten (§ 1385b Abs. 3 RVO a.F.). Zum Beitragsregress nach § 119 SGB X Rdn 446 ff.
Rz. 246
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 wurde § 381 Abs. 3a RVO a.F., wonach der Rehabilitationsträger für Verletzten- und Übergangsgeld Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten hatte (ab 1.1.1989: § 251 Abs. 1 SGB V), nicht berührt. Der Verdienstausfallschaden ging nach § 116 SGB X auf den Sozialversicherungsträger über.
Rz. 247
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung unterlagen auch weiterhin dem Forderungsübergang. Dies galt nur im Falle der Arbeitslosigkeit des Verletzten im Unfallzeitpunkt nicht. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 wurde zwar § 171 Abs. 1a AFG a.F., der die Sozialversicherungsträger zur Beitragszahlung verpflichtete, aufgehoben. Der stattdessen mit Wirkung vom 1.1.1984 eingefügte § 186 AFG a.F. normierte indessen erstmals beim Bezug von Krankengeld eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Darin sah der Bundesgerichtshof eine Systemänderung. Dies hatte zur Folge, dass ein Forderungsübergang auf die Krankenkasse wegen der Beitragsleistungen nicht vor dem 1.1.1984 eintreten konnte. Der Entscheidung kam für Abfindungsvergleiche davor besondere Bedeutung zu.