Prof. Dr. Günther Schneider
I. Beitragsregress vor dem 1.7.1983
Rz. 446
Die vom Sozialversicherungsträger während der medizinischen oder beruflichen Rehabilitation aus der Lohnersatzleistung zu zahlenden Rentenversicherungsbeiträge waren Pflichtbeiträge, die dem Rentenkonto des Pflichtversicherten gutgeschrieben wurden. Da sie dem Erwerbsschaden kongruent sind, unterlagen sie insoweit dem Forderungsübergang nach § 1542 RVO a.F. (hierzu und zum Nachfolgenden vgl. bereits Rdn 238 ff.). Beiträge aufgrund einer freiwilligen Versicherung genügten nicht.
Rz. 447
Die vom Sozialversicherungsträger zu leistenden Rentenversicherungsbeiträge berechneten sich aus der Lohnersatzleistung. Es verblieb dem Verletzten demnach ein Rest-Beitragsschaden, denn ohne den Unfall wären die Beiträge aus dem Bruttoarbeitslohn berechnet und abgeführt worden. Es oblag allein dem Verletzten, diesen Fortkommensschaden geltend zu machen und die Mittel für eine freiwillige Weiterversicherung zur Verbesserung seines Versicherungsschutzes vom Schädiger anzufordern. Da im Verhältnis zum Fortkommensschaden seitens des Sozialversicherungsträger keine kongruenten Leistungen erbracht wurden, konnte insoweit auch kein Forderungsübergang eintreten. Es oblag allein dem Verletzten, den Fortkommensschaden (Spitzbetrag) beim Schädiger tatsächlich zu fordern. Erfahrungsgemäß ist dies vielfach unterlassen worden. Dies war wohl ein Grund für die Schaffung des § 119 SGB X.
Rz. 448
Voraussetzung für den Beitragsschaden (Fortkommensschaden) des Verletzten war (und ist) der Ausfall von Pflichtversicherungsbeiträgen und die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Zahlung von freiwilligen Sozialversicherungsbeiträgen. Wirtschaftlich unzweckmäßig ist die Zahlung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen z.B. dann, wenn der Verletzte bereits eine "unfallfeste Position" erlangt hat, soweit also die freiwilligen Versicherungsbeiträge dem pflichtversicherten Verletzten in einem späteren Versicherungsfall nicht oder nicht voll zugutekamen. Dies wurde für den Fall angenommen, dass die für den Bezug von Rente oder Altersruhegeld vorausgesetzten Wartezeiten schon erfüllt waren und Halbbelegung (§ 1259 Abs. 3 RVO a.F.) eingetreten war.
Rz. 449
Bei den Krankenversicherungsbeiträgen (Rdn 242), die ebenfalls dem Verdienstausfallschaden kongruent sind, ließ sich für den Verletzten ein darüber hinausgehender Folgeschaden nicht ableiten. Der Krankenversicherungsschutz hängt im Übrigen nicht von der Beitragshöhe ab.
Rz. 450
Soweit die Sozialversicherungsträger Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (Rdn 243) zu zahlen haben (§ 186 Abs. 1 AFG a.F.), unterliegen sie dem Forderungsübergang. Schadensersatzrechtlich gilt das Gleiche wie bei den Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen.
Rz. 451
Ein weiterer Schaden, den er mit freiwilligen Beiträgen abdecken könnte, liegt für den Verletzten nicht vor.
II. Beitragsregress vom 1.7.1983 bis zum 31.12.1983
Rz. 452
§ 119 SGB X a.F. Übergang von Beitragsansprüchen
Soweit der Schadensersatzanspruch eines Sozialversicherten, der der Versicherungspflicht unterliegt, den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Sozialversicherung umfasst, geht dieser auf den Leistungsträger über; dies gilt nicht, wenn und soweit der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt. Die eingegangenen Beiträge gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses pflichtversichert war. Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Sozialversicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadensersatzanspruch gestanden hätte.
Rz. 453
Die Vorschrift erfasst Schadensfälle ab 1.7.1983.
Rz. 454
Nach § 119 SGB X in der genannten Fassung ging ein Schadensersatzanspruch des sozialversicherten Verletzten auf Ersatz von Beiträgen zur Sozialversicherung auf den "Leistungsträger" über, ohne dass der Verletzte eine gleichartige Leistung erhielt. Insoweit begründete die damalige Neuregelung ein Novum, weil ansonsten Legalzessionen den Zweck verfolgten, eine Bereicherung des Zedenten zu vermeiden.
Rz. 455
§ 119 SGB X a.F. begründet keinen originären Anspruch des Sozialversicherungsträger. Weil es sich um eine Legalzession handelt, ist stets zu prüfen, ob der Verletzte, § 119 SGB X hinweggedacht, einen Anspruch auf Ersatz von Sozialversicherungsbeiträgen hätte. Soweit der Sozialversicherungsträger bzw. der...