Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 431
Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB tritt nur dann ein, wenn die Ersatzforderung gleichzeitig auf die Sozialversicherungsträger übergegangen ist. Jeder Gesamtgläubiger ist berechtigt, den gesamten Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen geltend zu machen und einzuklagen. Sofern einer der Gesamtgläubiger die Klagefrist des Art. 12 Abs. 3 NATO-Truppenstatutgesetz versäumt, kann der andere den Schaden (hier § 12 StVG) voll ausschöpfen. Wenn hier überhaupt eine Ausgleichspflicht vorliegt (§ 430 BGB, § 117 S. 2 SGB X), dann allenfalls hinsichtlich des "Mehrbetrags", den der nicht säumige Sozialversicherungsträger wegen der Säumnis des anderen erlangt hat. Muss sich ein Gesamtgläubiger die Verjährung des Ersatzanspruchs entgegenhalten lassen, so treffen die Rechtsfolgen den anderen Gesamtgläubiger nicht (§§ 430, 429 Abs. 3, 425 Abs. 2 BGB). Dieser ist vielmehr berechtigt, den Gesamtschaden geltend zu machen, muss aber im Innenverhältnis nach § 117 S. 2 und 3 SGB X ausgleichen.
Rz. 432
Der Ersatzpflichtige ist nach § 428 BGB berechtigt, den gesamten geschuldeten Betrag an einen Sozialversicherungsträger mit befreiender Wirkung zu zahlen. Dieser ist dann nach § 117 S. 2 SGB X zum Ausgleich mit dem anderen Sozialversicherungsträger verpflichtet.
Rz. 433
Soweit jedoch eine Sozialleistung allein von einem Leistungsträger erbracht ist, steht der Ersatzanspruch im Innenverhältnis nur diesem zu (§ 117 S. 3 SGB X). Beispiel ist insoweit der Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die vom Rentenversicherungsträger gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung, soweit diese nicht aus nach § 1304e RVO a.F. zu zahlenden Zuschüssen stammen, sondern gemäß § 393a Abs. 1 S. 2 RVO a.F. von den Hinterbliebenenrenten einzubehalten waren, keine (ersatzfähigen) Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung sind. Maßgeblich ist, dass hier die Rentner selbst an der Sicherung der Rentenfinanzierung beteiligt werden, es sich daher um Teile der Rente, nicht dagegen um einen Sozialversicherungsbeitrag des Rentenversicherungsträgers handelt, selbst wenn dieser ihn abzuführen hat.
Rz. 434
Der Innenausgleich zwischen Gesamtgläubigern wurde im Geltungsbereich des § 1542 RVO a.F. ebenso gefordert, wie er jetzt in § 117 S. 2 SGB X gesetzlich normiert ist. Die Berechtigung der Gesamtgläubiger bestimmt sich nach dem Größenverhältnis ihrer unfallbedingten Leistungen, wobei die Sozialleistungen vorweg in die Regressrechnung einzubringen sind, die von den Leistungsträgern allein erbracht werden (z.B. Heilbehandlungskosten, Kranken- und Verletztengeld). Insgesamt sind bei der Abwicklung nach § 117 SGB X die Anspruchsbegrenzungen nach § 116 Abs. 2 und 3 SGB X zu beachten.
Rz. 435
Der Ausgleich der Leistungsträger für die gleichzeitig erbrachten kongruenten Leistungen (z.B. Renten) errechnet sich wie folgt:
Kongruenter Ersatzanspruch x Sozialleistung Sozialversicherungsträger 1 = Anteil (Sozialversicherungsträger 1) |
Gesamtleistung aller Sozialversicherungsträger |
Rz. 436
In der Praxis wird vom Sozialversicherungsträger ohnehin nur der Anteil des gesamten Schadensersatzanspruchs geltend gemacht, der ihm im Innenausgleich mit dem konkurrierenden Sozialversicherungsträger zustehen würde. Verlangt der Sozialversicherungsträger als Gesamtgläubiger seinen "Anteil am Schaden", so verhält er sich wie in § 117 SGB X vorgeschrieben. Die Vorschrift verbietet nämlich nicht, den notwendigen Innenausgleich vorwegzunehmen und es den Gesamtgläubigern zu überlassen, ihren Schadensanteil eigenverantwortlich zu regulieren.
Rz. 437
Dieser Schadensabwicklung ist gegenüber dem nachträglichen Innenausgleich aus vielerlei Gründen der Vorzug einzuräumen. Dass ein Gesamtgläubiger bis zur Höhe seiner eigenen Leistungen auf den gesamten Schadensersatzanspruch zurückgreifen kann, wenn der Ersatzanspruch des anderen bereits verjährt ist, ergibt sich aus den §§ 430, 429 Abs. 3, 425 Abs. 2 BGB. Dies kann mit dem Abrechnungsmodus nach § 117 SGB X verquickt werden. Schließt ein Sozialversicherungsträger über den ihm im Innenverhältnis zum anderen Sozialversicherungsträger zustehenden Anteil einen Abfindungsvergleich, so hat der darin liegende Erlassvertrag auch Wirkung gegenüber dem anderen Gesamtgläubiger (eingeschränkte Gesamtwirkung des Abfindungsvergleichs).
Rz. 438
Bestehen Teilungsabkommen, so ist zunächst der sich nach dem Innenausgleich ergebende Anteil zu errechnen. Hieraus erhält der Teilungsabkommen-Partner die vereinbarte Quote.
Rz. 439
Treffen Leistungen eines öffentlichen Dienstherrn und eines Sozialversicherungsträger (aus einer früheren sozialversicherten Tätigkeit des Beamten) zusammen, können beide Zessionare (§ 76 BBG, § 116 SGB X) nur dann Gesamtgläubiger sein, wenn sie hinsichtlich des übergegangenen Ersatzanspruchs konkurrieren. Dies wäre der Fall, wenn bei 100 % Haftung des Schädigers Sozialversicherungsträger und Dienstherr we...