Dr. Michael Bühler, Dr. Nicholas Kessler
I. Vorbemerkung
Rz. 65
Die nachstehenden Ausführungen zur Einleitung des Schiedsverfahrens enthalten allgemeine Hinweise für die Schiedsklägerin (II.), die Schiedsbeklagte (III.) und das Ernennungsverfahren (IV.), die je nach den Umständen des Falles einer entsprechenden Ergänzung bzw. Abänderung bedürfen. Das eigentliche Schiedsverfahren kann angesichts der damit verbundenen mannigfaltigen Probleme nicht behandelt werden, weil der hier gesteckte Rahmen sonst gesprengt würde. Insoweit sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.
II. Hinweise für die Schiedsklägerin
Rz. 66
Es gibt grundsätzlich zwei Arten, ein Schiedsverfahren einzuleiten: Entweder leitet die Schiedsklägerin das Schiedsverfahren ohne Schiedsklage lediglich durch Benennung eines Schiedsrichters ein, verbunden mit der Aufforderung an die Gegenseite, Gleiches zu tun (siehe dazu Muster Rdn 68), oder sie erhebt Schiedsklage, in welcher sie einen Schiedsrichter benennt und die Gegenseite auffordert, Gleiches zu tun (siehe dazu Muster Rdn 70). Wie im Einzelfall zu verfahren ist, hängt von den jeweiligen Regelungen in der Schiedsvereinbarung, einer etwa vereinbarten institutionellen Schiedsordnung und dem (soweit nicht durch die gewählte Schiedsordnung verdrängt) einschlägigen nationalen Schiedsverfahrensrecht ab.
1. Muster: Anfrage beim Schiedsrichter
Rz. 67
Muster 36.19: Anfrage beim Schiedsrichter
Muster 36.19: Anfrage beim Schiedsrichter
Schriftliche (oder auch nur mündliche) Voranfrage beim Schiedsrichter
Wir sind von der Fa. B. mit der Vertretung ihrer Interessen in einem Schiedsverfahren beauftragt worden. Die Fa. B. hat mit der Fa.A. am _____ einen Vertrag über _____ (z.B.: die Lieferung einer Anlage) geschlossen. Streitigkeiten aus diesem Vertrag sollen durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Da die Fa.A. sich trotz _____ bisher weigert zu zahlen, haben wir der Fa. B. empfohlen, das vertraglich vereinbarte Schiedsgericht anzurufen. Der Streitwert wird voraussichtlich bei _____ EUR liegen. Gegenforderungen der Fa.A. sind uns nicht bekannt. Hamburg ist vereinbarter Schiedsort. Wir möchten Sie als Schiedsrichter benennen. Hinsichtlich der Qualifikation der Schiedsrichter sieht die Schiedsvereinbarung vor, dass _____ (z.B.: Befähigung zum deutschen Richteramt; Beherrschung der deutschen und englischen Sprache). Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie zeitlich in der Lage und bereit sind, das Amt des Schiedsrichters anzunehmen, und ob ggf. Gründe vorliegen, die die Fa.A. (Beklagte) veranlassen könnten, Sie wegen Befangenheit abzulehnen.
Antwort des Schiedsrichters
Ich bin bereit, die Ernennung zum Schiedsrichter anzunehmen. Gründe, die meine Ablehnung rechtfertigen könnten, sind mir nicht bekannt. Ich verfüge auch über die notwendige Qualifikation.
(oder:)
Eine Ernennung zum Schiedsrichter möchte ich nicht annehmen. Ich kenne den Geschäftsführer der Fa.A. (Beklagte) seit Jahren und habe ihn in dieser Angelegenheit bereits freundschaftlich beraten.
2. Muster: Antrag des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen (ohne Klageschrift)
Rz. 68
Nach § 1044 ZPO wird ein Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland anhängig (sog. Schiedshängigkeit), wenn der Antrag des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, die Parteien bezeichnet, den Streitgegenstand angibt und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthält. Bei einem Dreierschiedsgericht wird der Schiedskläger regelmäßig mit dem Antrag zugleich auch einen Schiedsrichter benennen und die Gegenseite auffordern, ihrerseits einen Schiedsrichter zu bestimmen, vgl. § 1035 Abs. 3 ZPO. Die Frage der Verjährungshemmung beurteilt sich nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB. Der Zugang des Antrags nach § 1044 ZPO bei dem Schiedsbeklagten hemmt die Verjährung. Wurde eine institutionelle Schiedsordnung vereinbart, genügt zur Verjährungshemmung in aller Regel der Zugang des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei der Schiedsinstitution (vgl. Art. 6.1 DIS-SchO) – ein großer Vorteil gegenüber ad hoc-Schiedsgerichten, gerade bei absehbaren Zustellungshürden.
Muster 36.20: Antrag des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen (ohne Klageschrift)
Muster 36.20: Antrag des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen (ohne Klageschrift)
(Einschreiben-Rückschein)
An die Fa.A.
Wir vertreten anwaltlich die Interessen der Fa. B., die uns mit der Einleitung und Durchführung eines Schiedsverfahrens gegen Sie beauftragt hat. Sie haben mit der Fa. B. am _____ einen Vertrag über _____ (Bezeichnung der Leistung) geschlossen. Am _____ haben Sie _____ (Leistungsbeschreibung) und der Fa. B. dafür am __________ EUR in Rechnung gestellt. (Hier den Streitgegenstand erwähnen, etwa: Die Anlage ist in ihrer Leistungsfähigkeit durch Witterungseinflüsse dauerhaft beeinträchtigt. Während der von Ihnen unternommenen Nachbesserung war die Anlage stillgelegt. Diesen Mangel haben Sie zu vertreten und sind deshalb zum Schadensersatz verpflichtet). Die Fa. B. hat mit Schreiben vom _____ Ansprüche (etwa: wegen entgangenen Gewinns) in Höhe von _____ EUR geltend gemacht. Nachdem Sie es bei Ihrer letzten Unterredung mit der Fa. B. abgelehnt haben, ihr den entstandenen S...