Rz. 4

Schiedsgerichte sind Privatgerichte, deren Existenzberechtigung der Staat schon vor weit über 100 Jahren durch Aufnahme entsprechender Regelungen in das 10. Buch der ZPO anerkannt hat. Die erstaunlich liberalen ZPO-Vorschriften zum Schiedsverfahren hatten sie über Jahrzehnte vor Reformbestrebungen bewahrt, sieht man von einer Mini-Reform aus dem Jahr 1986 ab. Seit Beginn der achtziger Jahre haben viele Staaten moderne Schiedsgesetze eingeführt. Unter diesem Einfluss, der durch das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1985 nachhaltig verstärkt wurde, trat mit dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 in Deutschland am 1.1.1998 ein vollständig neues "Schiedsgesetz" in Kraft – das Zehnte Buch der ZPO (§§ 10251066 ZPO).

In Anlehnung an den gängigen und nunmehr auch in § 1029 Abs. 1 ZPO enthaltenen Sprachgebrauch wird die "Schiedsvereinbarung" bzw. der "Schiedsvertrag" nachfolgend als Oberbegriff benutzt, während die "Schiedsabrede" eine selbstständige Vereinbarung und die "Schiedsklausel" eine Vereinbarung in Form einer Klausel in einem Vertrag bezeichnet.[5]

 

Rz. 5

Schiedsgerichte können grundsätzlich nur tätig werden, sofern ihnen die Parteien durch entsprechende Erklärung freiwillig die Entscheidung über künftige oder bereits entstandene Streitigkeiten anstelle und unter Ausschluss staatlicher Gerichte übertragen haben. Grundlage eines Schiedsverfahrens ist daher grundsätzlich immer die von den Parteien geschlossene Schiedsvereinbarung; in § 1066 ZPO ausdrücklich vorgesehene Ausnahmen sind insoweit das letztwillig oder satzungsgemäß angeordnete Schiedsgericht. Vielmals wird die Schiedsvereinbarung durch Verweis auf eine vorformulierte Schiedsordnung, teilweise sogar durch ausdrücklichen Verweis auf das Schiedsgesetz ergänzt. Letzteres ist jedenfalls insoweit nicht notwendig, als die am Schiedsort zwingend geltenden Bestimmungen immer Anwendung finden, auch soweit auf das anwendbare Schiedsgesetz in der Schiedsvereinbarung nicht Bezug genommen worden ist (vgl. § 1042 Abs. 3 und 4 ZPO).

Schiedsverfahren enden durch Erlass eines Schiedsspruches, soweit die Parteien nicht zuvor einen Vergleich geschlossen haben (§ 1053 ZPO). Ein Schiedsspruch steht im Verhältnis zwischen den Parteien dem rechtskräftigen Urteil eines staatlichen Gerichts gleich (§ 1055 ZPO). Zu seiner Vollstreckung bedarf es allerdings der Hilfe staatlicher Gerichte (§§ 1060, 1061 ZPO).

 

Rz. 6

Von der Schiedsvereinbarung sind der Schiedsgutachtenvertrag und der Schiedsrichtervertrag streng zu unterscheiden. Während bei einer Schiedsvereinbarung die endgültige und bindende Entscheidung des Rechtsstreits gewollt ist, zielt der Schiedsgutachtenvertrag entweder auf die Feststellung von bestimmten Umständen, die für die Entscheidung eines Rechtsstreits Bedeutung haben (könnten), auf eine Leistungsbestimmung oder ggf. auf eine Vertragsanpassung.[6] Die Tätigkeit des Schiedsgutachters, auf die die Bestimmungen der §§ 317 ff. BGB, nicht dagegen die §§ 1025 ff. ZPO Anwendung finden, ist vor allem in der sogenannten Qualitätsarbitrage anzutreffen. Es handelt sich dabei um keine Schiedsgerichtsbarkeit, sondern um die sachverständige und unabhängige Feststellung von Qualitätsmängeln nach einem vertraglich oder handelsbräuchlich geltenden Verfahren.[7] Ein Schiedsgutachten unterliegt (schieds)gerichtlicher Kontrolle und ist bei offenbarer Unrichtigkeit nicht verbindlich (§ 319 BGB). Der Schiedsrichtervertrag betrifft demgegenüber das Verhältnis der Schiedsrichter zu den streitenden Parteien und ist insbesondere bei ad hoc Schiedsverfahren von Bedeutung, etwa im Hinblick auf die Vergütung der Schiedsrichter.

[5] Stein/Jonas/Schlosser, § 1029 Rn 7.
[6] Stein/Jonas/Schlosser, Vor § 1025 Rn 21 ff.
[7] Siehe Schwab/Walter, Kap. 2 Rn 18 ff.

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