Rz. 127
Für die Zwangsvollstreckung eines Titels auf Herausgabe oder Leistung von Sachen müssen zunächst die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 750 ZPO vorliegen, d.h. insbesondere eine vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels, der dem Schuldner zuvor oder gleichzeitig mit der Zwangsvollstreckung zugestellt wurde.
Rz. 128
Zuständig für die Zwangsvollstreckung ist nach § 883 Abs. 1 ZPO der Gerichtsvollzieher in dessen Bezirk die Vollstreckungshandlung betrieben werden soll, d.h. in dessen Bezirk sich die herauszugebende Sache befindet.
Rz. 129
Praxishinweis
Ist dem Bevollmächtigten der örtlich zuständige Gerichtsvollzieher nicht bekannt, so kann er sich an die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle des für den Ort der Sache zuständigen Amtsgerichtes (nicht des Arbeitsgerichtes) wenden.
Rz. 130
Anders als bei der Vollstreckung von Geldforderungen muss bei der Vollstreckung von Herausgabeansprüchen das verbindliche Formular nach der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung nicht verwandt werden, § 2 ZVFV. Allerdings gibt Modul O der Anlage 4 zur ZVFV die Möglichkeit dazu. Dies empfiehlt sich auch, wenn zugleich die Kosten der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden sollen, da es sich dabei um eine Geldforderung handelt, für die der Formularzwang wieder gilt. Die Vollstreckungshandlung des Gerichtsvollziehers ist darauf gerichtet, dass er die herauszugebende Sache beim Schuldner identifiziert, diese dem Schuldner wegnimmt und sie sodann dem Gläubiger als Akt der Erfüllung übergibt.
Rz. 131
Praxishinweis
Verweigert der Schuldner die Herausgabe der Sache und gestattet dem Gerichtsvollzieher auch nicht seine Wohn- oder Geschäftsräume zu betreten, so ist nach § 758a Abs. 1 ZPO die richterliche Anordnung der Durchsuchung erforderlich. Die Ausnahmebestimmung des § 758a Abs. 2 ZPO ist allein auf die Fälle der Räumungsvollstreckung beschränkt. Zu beachten ist, dass der Antrag seit dem 22.12.2022 mit den dafür vorgesehenen Formularen entsprechend den Anlagen 2 und 3 der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) gestellt werden kann und ab dem 1.9.2024 genutzt werden muss.
Rz. 132
Findet der Gerichtsvollzieher die herauszugebende Sache bei dem Schuldner nicht vor, so ist der Schuldner auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, zu erklären, dass er die Sache nicht besitzt und auch nicht wisse, wo sich diese befindet, und weiter verpflichtet bzgl. der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärung die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gilt § 883 Abs. 2 S. 2 ZPO.
Rz. 133
Soweit sich die Sache in Gewahrsam eines Dritten befindet, erfolgt die Vollstreckung nach § 809 ZPO analog ebenfalls nach § 883 ZPO, soweit der Dritte zur Herausgabe der Sache bereit ist.
Rz. 134
Praxishinweis
Eine solche Konstellation kann sich insbesondere dann ergeben, wenn der Arbeitgeber die Personalverwaltung ganz oder teilweise an einen Dritten, etwa einen Steuerberater, delegiert hat, der wiederum die Personalakten einschließlich aller Arbeitspapiere in Besitz hat.
Rz. 135
Soweit der Dritte zur Herausgabe der Sache nicht bereit ist, trifft § 886 ZPO eine Spezialregelung. Danach scheidet die Wegnahme der Sache bei dem Dritten aus. Vielmehr muss der Gläubiger den Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Dritten nach § 886 ZPO i.V.m. §§ 828 ff. ZPO pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Aufgrund eines solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist der Dritte sodann verpflichtet, die Sache unmittelbar an den Gläubiger herauszugeben.
Rz. 136
Verweigert der Dritte trotz des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Herausgabe, muss der Gläubiger wie bei der Pfändung einer Geldforderung nunmehr den Dritten auf Herausgabe der Sache gerichtlich in Anspruch nehmen und nachfolgend dann den erstandenen Titel auf Herausgabe der Sache gegen den Dritten nach § 883 ZPO vollstrecken.
Rz. 137
Vollstreckt der Gerichtsvollzieher die Herausgabeverpflichtung der Sache bei einem Dritten, obwohl dieser nicht zur Herausgabe bereit ist, so kann der Dritte hiergegen im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO vorgehen.