Rz. 126
Achtung: Kein Zwang
Die Durchführung eines Atemalkoholtestes ist freiwillig, sie darf nicht erzwungen werden (BayObLG NJW 1963, 772).
a) Vortestgeräte
Rz. 127
Die früher und auch heute noch vor allem von den motorisierten Polizeistreifen verwandten Atemalkoholgeräte genügen ausnahmslos nicht den im Grundsatzgutachten des Bundesgesundheitsamtes niedergelegten Anforderungen.
Rz. 128
Sie erfüllen deshalb nach einhelliger Meinung noch nicht die an den Nachweis eines forensisch verwertbaren Alkoholwertes zu stellenden Anforderungen (OLG Naumburg StraFo 1998, 199; OLG Naumburg NStZ-RR 2001, 105; BGH DAR 2001, 275).
b) Alkomat E 7110
Rz. 129
Mit der Einführung des Atemalkoholmessgerätes der Fa. Draeger hat sich die Ausgangslage geändert. Nach jetzt einheitlicher Meinung in der Rechtsprechung sind die damit gewonnenen Ergebnisse zum Nachweis von Ordnungswidrigkeiten gerichtsverwertbar (vgl. Rdn 145 ff.). Zum Nachweis einer Straftat genügen sie (alleine!) jedoch noch nicht (siehe Rdn 74).
Rz. 130
Das bereits erwähnte Gutachten des Bundesgesundheitsamtes nennt zwar neben dem für die Ordnungswidrigkeit relevanten Atemalkoholwert auch den dem Blutalkoholwert von 1,1 ‰ entsprechenden Atemalkoholwert von 0,55 mg/l. Eine strafrechtliche Verurteilung (alleine) auf der Basis des Atemalkoholwertes ist dennoch (derzeit) noch nicht möglich.
Rz. 131
Das scheitert nicht an rechtlichen, sondern tatsächlichen Voraussetzungen, denn rechtlich wäre eine Verurteilung möglich, da das Strafgesetz in § 315c oder § 316 StGB – im Gegensatz zu § 24a OWiG – keinen bestimmten Alkoholgrenzwert nennt.
Rz. 132
Grundsätzlich ließe daher bereits die jetzige strafrechtliche Regelung eine Verurteilung auf der Grundlage des festgestellten Atemalkoholwertes zu. Voraussetzung wäre jedoch, dass die Atemalkoholmessgeräte auch im Bereich höherer Alkoholwerte als sicher und damit gerichtsverwertbar angesehen werden könnten und die Umrechnung von AAK-Werten in BAK-Werte möglich wäre. Das ist jedoch nach allgemeiner Meinung derzeit (noch) nicht der Fall (LG Dessau zfs 2000, 509; OLG Naumburg zfs 2001, 136; OLG Stuttgart DAR 2004, 409; KG DAR 2008, 273).
Rz. 133
Achtung: Indiz für relative Fahrunsicherheit
Einem mit einer Alkoholmessung gewonnenen Beweisergebnis spricht der Bundesgerichtshof allerdings nicht jegliche rechtliche Relevanz ab. Es kann vielmehr als Indiz dafür gewertet werden, dass der Betreffende fahrunsicher war. Das wird vor allem in den Fällen von Bedeutung sein, in denen dem Täter vor der Entnahme einer Blutprobe die Flucht gelingt (LG Gera DAR 1996, 156; LG Halle BA 1996, 155; OLG Naumburg StraFo 1998, 199). Der BGH (DAR 2001, 275) hat sich ausdrücklich gegen gegenteilige Rechtsprechung gewandt, die dem Atemalkoholwert jegliche Relevanz für den verkehrsstrafrechtlichen Bereich absprechen wollte. Er betont, dass eine mittels Atemalkoholmessung nachgewiesene alkoholische Beeinflussung Grundlage für eine Verurteilung wegen relativer Fahruntauglichkeit sein könne; es brauchten dann – wie auch im Falle eines mittels einer Blutentnahme festgestellten und im relativen Bereich liegenden Blutalkoholwertes – nur noch weitere auf die Fahrunsicherheit hindeutende Beweisanzeichen hinzuzukommen (so auch OLG Stuttgart DAR 2004, 409).
Rz. 134
Außerdem kann dem Ergebnis einer Atemalkoholmessung bei Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 20 bzw. § 21 StGB vorliegen, Bedeutung zukommen (BGH NStZ 1995, 96).
Rz. 135
Achtung: Gleichzeitige Probe des Atemalkohols und des Blutes
Wurden sowohl eine Atemalkoholanalyse als auch eine Blutprobe durchgeführt, hat die Atemalkoholanalyse im Strafverfahren keinerlei Bedeutung. Das Gericht kann sich vielmehr nur auf das Ergebnis der entnommenen Blutprobe stützen (BayObLG NZV 2002, 578), wie umgekehrt der Betroffene im Ordnungswidrigkeitenrecht die durch eine Atemalkoholmessung nachgewiesene Überschreitung des Gefahrengrenzwertes mit einer anschließend durchgeführten Blutprobe widerlegen kann (OLG Zweibrücken DAR 2002, 279).