Rz. 47
Ein Betriebsübergang tritt mit dem Übergang der Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für den Betrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Betriebsveräußerer auf den Betriebserwerber ein (EuGH v. 26.5.2005 – C 478/03). Entscheidend ist die Übernahme der Organisations- und Leitungsmacht (BAG v. 15.2.2007 – 8 AZR 431/06). Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit einer Fortsetzung des Betriebes genügt für die Annahme eines Betriebsüberganges nicht, wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit (BAG v. 18.3.1999 – 8 AZR 159/98). Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmales der Fortführung des Betriebs nicht (BAG v. 12.11.1998 – 8 AZR 282/97; BAG v. 6.4.2006 – 8 AZR 222/04; a.A. Staudinger/Annuß, § 613a BGB Rn 111). Dabei ist stets erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird, also nicht etwa in die eigene Organisation eines bereits bestehenden Unternehmens eingegliedert wird (BAG v. 25.9.2003 – 8 AZR 421/06; BAG v. 6.4.2006 – 8 AZR 249/04y; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 35). Dies gilt auch bei Erwerb eines Betriebsteils (BAG v. 11.12.1997 – 8 AZR 699/96, n.v.; BAG v. 26.8.1999 – 8 AZR 718/98). Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber setzt bei einem Betriebsteilübergang voraus, dass der betreffende Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil zugeordnet ist. Für die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem Betrieb oder Betriebsteil ist darauf abzustellen, ob er in diese übergegangene Betriebseinheit tatsächlich eingegliedert war. Nicht ausreichend ist es, wenn er lediglich Tätigkeiten für den übertragenen Betrieb oder Betriebsteil verrichtet hat, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein (BAG v. 7.4.2011 – 8 AZR 730/09, a.a.O.).
Rz. 48
Der Betriebserwerber ist derjenige, der den Betrieb im eigenen Namen führt. Der neue Inhaber muss den Betrieb nicht auf eigene Rechnung führen, der Gewinn kann auch an einen anderen abgeführt werden (BAG v. 15.12.2005 – 8 AZR 202/05). Hierbei ist nicht auf die Person des Erwerbers abzustellen, sowohl natürliche als auch juristische Personen können Erwerber des Betriebes sein (LAG Nds. v. 31.8.2001 – 10 Sa 2899/98; Küttner/Kreitner, Betriebsübergang Rn 5). Maßgeblich ist lediglich, dass ein Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers stattfindet, sodass ein Betriebsübergang auch zwischen zwei Gesellschaften desselben Konzerns stattfinden kann (EuGH v. 6.3.2014 – C-458/14 – "Lorenzo Amatori"). Bei einer Personengesellschaft führt ein Gesellschafterwechsel nicht zu einem Wechsel des Betriebsinhabers (BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR 1263/79; BAG v. 3.11.1998 – 3 AZR 484/97, n.v.). Die Identität der Gesellschaft als Arbeitgeber ist unabhängig von der Kapitalmehrheit (BAG v. 8.12.1988 – 2 AZR 313/88, n.v.). Somit führt auch ein sog. "share deal" nicht zu einem Betriebsübergang nach § 613a BGB (BAG v. 20.4.2010 – 3 AZR 225/08; BAG v. 23.3.2017 – 8 AZR 91/15; Schiefer, NZA 1998, 1095, 1105; Richardi/Thüsing, BetrVG § 8 Rn 31). Allerdings kann nach dem UmwG die Vorschrift des § 613a BGB anzuwenden sein (s. § 41 Rdn 1 ff.).
Rz. 49
Erfolgt die Übernahme der Betriebsmittel in mehreren Schritten, so ist der Betriebsübergang jedenfalls in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem die wesentlichen, zur Fortführung des Betriebes erforderlichen Betriebsmittel übergegangen sind und die Entscheidung über den Betriebsübergang nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (BAG v. 15.12.2005 – 8 AZR 202/05).