1. Gesetzliche Grundlage und Ziel

 

Rz. 65

Der Gläubiger hat seit 2013 die Möglichkeit, aus zwei Wegen den für ihn geeignet erscheinenden auszuwählen, den Schuldner zur Vermögensauskunft laden zu lassen. Der Schuldner hat im Rahmen der Vermögensauskunft Angaben über seine persönlichen Daten, Einkommens- und auch Vermögensverhältnisse zu machen, die in einem Vermögensverzeichnis erfasst werden. Das Vermögensverzeichnis wird vom Gerichtsvollzieher beim Zentralen Vollstreckungsgericht eingereicht und von diesem im Vermögensverzeichnisregister hinterlegt und verwaltet.

 

Rz. 66

Die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft ist in den §§ 802c ff. ZPO geregelt. Der Gesetzgeber formuliert mit § 802c ZPO eine zentrale vollstreckungsrechtliche Mitwirkungspflicht des Schuldners.

 

Rz. 67

Diese Erklärungspflicht des Schuldners zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens rechtfertigt sich nach Ansicht des Gesetzgebers aus dem Umstand, dass der Schuldner trotz Verwirklichung der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht leistet.

 

Rz. 68

Ziel des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft ist es, auf diesem Wege dem Gläubiger Kenntnis über ihm bislang unbekannte Vermögenswerte des Schuldners zu verschaffen, wobei der Schuldner sich bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Falschangabe gem. § 156 bzw. § 161 StGB strafbar macht. Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner im Zeitpunkt der Auftragserteilung seinen Wohnsitz oder – in Ermangelung eines solchen – seinen Aufenthaltsort hat (gem. § 802e Abs. 1 ZPO). Sofern der angegangene Gerichtsvollzieher nicht zuständig ist, leitet er die Sache auf Antrag des Gläubigers an den zuständigen Gerichtsvollzieher weiter, § 802e Abs. 2 ZPO. Das Verfahren ist für den Schuldner besonders belastend: Neben dem Druck einer Strafbarkeit der vorwerfbaren Falschangabe auch deswegen, weil die Vermögensauskunft zwei Jahre lang bei einem zentralen Vollstreckungsgericht gespeichert wird, § 802k ZPO und in vielen Fällen die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis droht.

2. Unterschiedliche Vorgehensweisen

 

Rz. 69

Der Gläubiger hat die Wahl, ob er

die Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c i.V.m. § 802f ZPO ohne vorherigen Sachpfändungsversuch oder aber (Modul G 1)
die Abnahme der Vermögensauskunft nach § 807 i.V.m. § 802f ZPO nach vorherigem Sachpfändungsversuch in Auftrag geben möchte (Modul G 2).
 

Rz. 70

Achtung: Modul G 1 und Modul G 2 können nicht gleichzeitig ausgewählt werden, da sie sich widersprechen!

 

Rz. 71

Bild-Quelle: Amtlicher GV-Auftrag, Download von: justiz-nrw.de

3. Verfahrensablauf nach Modul G 1

 

Rz. 72

Voraussetzungen zur Auskunftspflicht sind:

ein entsprechender Antrag des Gläubigers sowie
das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.
 

Rz. 73

Der Gerichtsvollzieher setzt dem Schuldner nach Auftrag des Gläubigers zur Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO zunächst zur Begleichung der Forderung eine Frist von zwei Wochen und bestimmt gleichzeitig für den Fall, dass die Forderung nach Fristablauf nicht vollständig beglichen ist, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft alsbald nach Fristablauf und lädt den Schuldner zu diesem Termin in seine Geschäftsräume, § 802f Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Zwei-Wochen-Frist wird vom Gesetzgeber als "Toleranzfrist" bezeichnet.

4. Verfahrensablauf nach Modul G 2

 

Rz. 74

Nach § 807 ZPO kann der Gläubiger auch einen sogenannten Kombiauftrag erteilen, d.h. einen Auftrag zur Sachpfändung kombiniert mit dem Auftrag, im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 807 ZPO die Vermögensauskunft abzunehmen (Modul G 2). Sofern der Gläubiger diesen Kombiauftrag erteilt und der Schuldner dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung verweigert oder der Pfändungsversuch ergibt, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird, kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers auch sofort abnehmen (§ 807 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO).

 

Rz. 75

Die Abnahme der Vermögensauskunft soll damit sofort erfolgen, wenn

der Schuldner die Durchsuchung verweigert oder
der Pfändungsversuch ergibt, dass die Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Schuldners führen wird.
 

Rz. 76

Der Schuldner kann zwar der Sofortabnahme widersprechen, dann aber wird der Gerichtsvollzieher das Verfahren nach § 802f ZPO durchführen, d.h. einen entsprechenden Termin zur Abnahme bestimmen (§ 807 Abs. 2 ZPO).

 

Hinweis:

In einem solchen Fall ist das Setzen einer 2-wöchigen Zahlungsfrist nicht erforderlich! Verboten ist es aber auch nicht.

 

Rz. 77

Sofern der Schuldner wiederholt nicht anzutreffen ist, kann der Gläubiger in Modul G 2 beantragen,

ihm die Vollstreckungsunterlagen zurückzusenden oder
das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO (entspricht Modul G 1) einzuleiten.
 

Rz. 78

Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht an, hat der Gläubiger die Wahl, ob er die Vollstreckungsunterlagen zurückerhalten möchte, oder aber die Fortsetzung des Verfahrens...

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