a) Allgemeines
Rz. 23
Für Art und Höhe des Erstattungsanspruches sind maßgebend Art und Höhe der erbrachten Versicherungsleistung. Nach der Regelung der ARB gehen nur die Ansprüche über, die in den Leistungskatalog der Rechtsschutzversicherung fallen, also sich aus § 5 ARB 2010 ergeben.
b) Nicht zu erstattende Kosten
Rz. 24
Nicht auf den Versicherer gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Erstattung von eigenen Parteiauslagen über. Ebenso gehen nicht über Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Erstattung von Reisekosten. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass bedingungsgemäß Reisekosten zu einem ausländischen Gericht gem. § 5 Abs. 1b ARB 2010 zu erstatten sind. Die Regelung beinhaltet einen direkten Leistungsanspruch für den Versicherungsnehmer. Jedoch kommt ein Übergang nicht in Betracht hinsichtlich des Anspruches des Versicherungsnehmer auf Entschädigung für Zeitversäumnis gem. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO. Ebenso kommt ein Forderungsübergang nicht in Betracht hinsichtlich der Erstattung von Kosten eines Privatgutachters.
c) Spezielle Fallgestaltungen
aa) Teilweise Leistungspflicht/Differenztheorie
Rz. 25
Eine besondere Fallgestaltung kann sich ergeben, wenn der Versicherungsnehmer teilweise unterliegt und somit ein entsprechender Erstattungsanspruch besteht und die Rechtsschutzversicherung nicht die gesamten Kosten zu übernehmen hat, etwa wegen Leistungskürzung oder wegen Überschreitung der Deckungssumme. In einem solchen Fall kommt die sog. "Differenztheorie" zur Anwendung. Die "Differenztheorie" beinhaltet, dass der Erstattungsanspruch des Versicherungsnehmer nur insoweit auf den Versicherer übergeht, als er zusammen mit der Leistung des Versicherers den Kostenbetrag übersteigt, der den Versicherungsnehmer insgesamt trifft. Dies folgt daraus, dass der Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG (§ 67 Abs. 1 S. 2 VVG a.F.) geltend gemacht werden kann. Diese rechtliche Regelung ist das sog. "Quotenvorrecht" des Versicherungsnehmers und dieses gilt auch für den Bereich der Rechtsschutzversicherung.
bb) Rechtslage bei Teilfreispruch
Rz. 26
Hat die Rechtsschutzversicherung in einem Fall, in dem der Versicherungsnehmer teilweise freigesprochen wird, Vorschussleistungen erbracht, so kann die Staatskasse als Schuldnerin gegenüber dem Erstattungsanspruch notwendiger Auslagen nicht aufrechnen mit dem Anspruch auf Zahlung der Geldstrafe.
Beispiel
Der Versicherungsnehmer ist angeklagt wegen Straßenverkehrsgefährdung gem. § 315c StGB und Unfallflucht gem. § 142 StGB.
Hinsichtlich des Vorwurfs der Verkehrsunfallflucht wird der Versicherungsnehmer freigesprochen mit der Kostenentscheidung, dass die Kosten und notwendigen Auslagen die Staatskasse zu tragen hat, weil der Versicherungsnehmer als Angeklagter freigesprochen worden ist.
Wegen des Vorwurfs der Straßenverkehrsgefährdung wird der Versicherungsnehmer verurteilt zur Zahlung einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 100 EUR, also in Höhe von 3.000 EUR.
Hinsichtlich des Freispruchs erfolgt eine Kostenfestsetzung zugunsten des Versicherungsnehmers von 300 EUR.
Mit dem Anspruch auf Ersatz der notwendigen Auslagen in Höhe des genannten Betrages von 300 EUR kann die Staatskasse nicht aufrechnen gegenüber der Schuld und der Verurteilung zur Zahlung einer Geldstrafe von 3.000 EUR.
Rz. 27
Die anhand eines Beispiels vorstehend dargestellte Rechtslage ergibt sich daraus, dass der Erstattungsanspruch auf gezahlte Vorschüsse seitens der Rechtsschutzversicherung auf diese gem. § 86 VVG (§ 67 VVG a.F.) im Zeitpunkt der Zahlung übergeht, also vor Entstehung des Anspruchs auf Erstattung der notwendigen Auslagen.
cc) Zahlung des Schuldners an Versicherungsnehmer
Rz. 28
In einem Fall, in dem die Rechtsschutzversicherung bereits Zahlungen an den Versicherungsnehmer erbracht hat, hat in diesem Fall der Versicherungsnehmer gem. § 17 Abs. 9 S. 3 ARB 2010 den vereinnahmten Betrag an die Rechtsschutzversicherung zu erstatten. Zieht der Versicherungsnehmer trotz des ihm nicht mehr zustehenden Anspruchs die Erstattungsforderung ein, ist er dem Versicherer gegenüber in der Regel schon wegen positiver Vertragsverletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB oder gem. § 285 BGB zur Erstattung verpflichtet. Der Schuldner wird auch im Verhältnis zur Rechtsschutzversicherung von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, dass er den Übergang des Erstattungsanspruchs auf den Versicherer kannte (§§ 407 Abs. 1, 412 BGB).