Rz. 101

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 SGB VII genießen Personen Unfallversicherungsschutz, wenn sie von einem dort genannten Sozialversicherungsträger in stationäre Behandlung eingewiesen werden oder wenn sie an Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation teilnehmen und hierbei einen Unfall erleiden. Nur der Unfall steht unter Versicherungsschutz, der ursächlich auf die mit einem Krankenhausaufenthalt verbundenen Gefahren zurückzuführen ist (z.B. schadhaftes Mobiliar, niedrige Balkon- oder Fensterbrüstung, hohes Bett, defekter Fahrstuhl, defekte Treppen, defektes technisches Gerät usw.). Die Frage ist, ob sich der Krankenhausträger für sich und sein Personal auf den Haftungsausschluss nach §§ 104, 105 SGB VII berufen kann, wenn er wegen eines solchen den Unfallversicherungsschutz auslösenden Unfalls auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

 

Rz. 102

In diesen Fällen ist nach ständiger Rechtsprechung die Berufung auf das Haftungsprivileg nicht möglich. Mit der Aufnahme in stationäre Behandlung usw. verfolgt der Versicherte ureigene Interessen. Dagegen will er sich gerade nicht "wie ein Arbeitnehmer" in den Krankenhausbetrieb eingliedern. Der stationäre Aufenthalt ist notwendige Grundlage für die Heilung. Bei berufsfördernden Maßnahmen steht die Berufsfindung im Vordergrund.[109]

 

Rz. 103

Nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung stehen Unfälle, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Krankheit selbst stehen (z.B. Depressionen lösen Sprung aus dem Fenster aus, Unfall ausgelöst durch Alkoholentzug, Unfall ausgelöst durch Gehschwäche oder Gipsverband, Schwindelanfall bei Epilepsie). Auch der ärztliche Behandlungsfehler steht nicht unter Versicherungsschutz (z.B. Narkosefehler, Reaktionen auf Medikamente, fehlgeleitete Operation, Wundinfektionen usw.). Die Einbeziehung der stationären Patienten in die gesetzliche Unfallversicherung hat nicht zu einer "heimlichen Ablösung der Arzthaftung durch die gesetzliche Unfallversicherung" geführt. Da deshalb ein versicherter Arbeitsunfall in diesen Fällen nicht vorliegt, ist allein deshalb schon eine Berufung auf den Haftungsausschluss nicht möglich.[110]

[109] Vgl. BGH, VersR 1981, 350; OLG Frankfurt, VersR 1984, 168; LG Frankfurt, VersR 1982, 237; LSG Niedersachsen, VersR 1981, 1176; a.A. OLG Braunschweig, NJW 1978, 1203.
[110] BSGE 46, 283; BSG Breith 1981, 34; LG Frankfurt VersR 1982, 237; Ahrens, NJW 1978, 1666.

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