Prof. Dr. Günther Schneider
I. Grundlagen zum Versicherungsschutz
Rz. 30
§ 104 SGB VII – ebenso § 105 SGB VII – setzt das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses voraus. Dies muss auch jeder Sozialversicherungsträger gegen sich gelten lassen.
Rz. 31
Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht in den Fällen des § 2 SGB VII kraft Gesetzes (vgl. auch § 2 Abs. 1 SGB IV). Versichert bei Eintritt eines Versicherungsfalles im Sinne des § 8 SGB VII sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII insbesondere alle aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten. Versichert sind aber z.B. auch Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten – sog. Nothelfer – (§ 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII) sowie Kinder während des Besuchs von Kindergärten, Schüler und Studenten während der Ausbildung (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII). Wegen der weiteren Einzelheiten zur Versicherung kraft Gesetzes vgl. § 2 SGB VII und zur Versicherung kraft Satzung der Berufsgenossenschaft vgl. § 3 SGB VII. Zur Versicherungsfreiheit § 4 SGB VII, zur Versicherungsbefreiung § 5 SGB VII und zur Möglichkeit der freiwilligen Versicherung § 6 SGB VII.
Rz. 32
Wegen der Begründung des öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnisses vgl. insgesamt § 2 SGB VII. Seit dem 1.4.1995 sind auch die Pflegepersonen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (§ 36 A Rdn 23) in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII).
Rz. 33
Versicherungsschutz kraft Gesetzes genießen bei Eintritt eines Versicherungsfalles gem. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII aber auch Personen, die wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig werden. Dieser Vorschrift, die historisch an § 539 Abs. 2 RVO a.F. anknüpft, kommt erhebliche Bedeutung im Zusammenhang mit der sog. Eingliederung zu. Sie bedarf deshalb auch der besonderen Erörterung (Rdn 39 ff.).
Rz. 34
Versichert gegen Arbeitsunfall sind aber auch Personen, auf welche die Satzung des jeweiligen Unfallversicherungsträgers die Versicherungspflicht ausgedehnt hat (§ 3 SGB VII) oder die sich freiwillig versichert haben (§ 6 SGB VII).
Rz. 35
Zu den Versicherten zählen dagegen nicht Personen, die nach den §§ 4 und 5 SGB VII (vgl. auch §§ 541, 542 RVO a.F.) versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit sind. Hierzu gehören z.B. auch die Beamten, weil diese auf ein eigenes Versorgungswerk bei Vorliegen eines Dienstunfalls zurückgreifen können (§ 40 Rdn 1 ff.). Allerdings: Im Sonderfall kann ein Dienstunfall gleichzeitig aber auch ein Arbeitsunfall sein, wenn die zum Unfall führende Tätigkeit außer dem Dienstherrn auch einem Unternehmer gedient hat. Der Beamte ist dann versicherte Person im Sinne des § 539 Abs. 2 RVO a.F.
II. Sozialversicherungsschutz und Gesellschaftsrecht
Rz. 36
Die Frage, ob Personen in Gesellschaften des Handelsrechts bzw. bürgerlichen Rechts oder Vereinen gesetzlichen Versicherungsschutz genießen, ist in der Regel nur im Einzelfall zu entscheiden. Hierzu folgende Übersicht:
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Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und einer offenen Handelsgesellschaft sind nicht versichert, da sie persönlich unbeschränkt haften und als Unternehmer anzusehen sind. Eine Ausnahme kann für die Gesellschafter gelten, die in einem Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stehen. |
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Persönlich haftende Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft (Komplementäre) haben keinen Versicherungsschutz, da sie Mitunternehmer des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens sind (§§ 128, 161 ff. HGB). |
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Bei Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses kann in eng begrenzten Ausnahmefällen allerdings eine Beschäftigung anzunehmen und damit Versicherungsschutz gegeben sein, ebenso im Allgemeinen, wenn die Verpflichtung zur Mitarbeit sich zwar aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, sie aber nach den tatsächlichen Verhältnissen in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird. |
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Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 1 ff. GmbHG) ist in ihrer Eigenschaft als juristische Person Unternehmer. Ob Gesellschafter einer GmbH nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert sind, hängt davon ab, ob sie zur GmbH in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Dies könnte anzunehmen sein, wenn sie unabhängig von ihrer Gesellschafterstellung, aber in Abhängigkeit von der Gesellschaft Arbeit für diese leisten, und zwar wie jeder andere Arbeitnehmer der Gesellschaft. In diesem Fall ist ein Beschäftigungsverhältnis und damit Versicherungspflicht im Sinne des § 539 Abs. 1 RVO a.F. (nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) zu bejahen. |
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Für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH kommt es hinsichtlich des Versicherungsschutzes nicht allein auf die rechtliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses, sondern auch auf die... |