Prof. Dr. Günther Schneider
I. Personenschaden
Rz. 51
Vom Haftungsprivileg erfasst sind allein Personenschäden, die nach "anderen gesetzlichen Vorschriften" gegeben sind. Betroffen sind alle denkbaren Haftungsgründe des bürgerlichen und öffentlichen Rechts. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche aus unerlaubter Handlung (auch aus Amtspflichtverletzung), aus Verträgen (z.B. Beförderungsvertrag), aus dem Haftpflichtgesetz, dem Straßenverkehrsgesetz oder dem Luftverkehrsgesetz einschließlich dem sog. Warschauer Abkommen.
Rz. 52
Der Personenschaden umfasst grundsätzlich alle, auch mittelbaren Vermögensbeeinträchtigungen, wenn sie durch die Verletzung oder Tötung eines Menschen verursacht werden; hierunter fällt jeder mittelbare materielle Vermögensschaden als Folge der Körperverletzung.
Rz. 53
Hierzu gehören die Schäden, die ihre Grundlage in einem Gesundheitsschaden haben und unmittelbar aus der Körperverletzung entstehen (z.B. Heilbehandlungskosten), ferner Nachteile, die sich als Folge der Körperverletzung ergeben, z.B. Lohnausfall, Ausfall für vermehrte Bedürfnisse, Kosten für Ersatzkräfte, im Todesfall entgangener Unterhalt und Bestattungskosten.
Rz. 54
Vom Haftungsprivileg erfasst und damit ausgeschlossen ist der Anspruch auf Schmerzensgeld.
Rz. 55
Im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger behält der Geschädigte den Anspruch auf Schmerzensgeld. Da dem Anspruch keine kongruente Leistung des Sozialversicherungsträgers gegenübersteht, wird er vom Forderungsübergang nach § 116 SGB X nicht erfasst. Im Verhältnis zum schädigenden Unternehmer oder Betriebsangehörigen steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Schmerzensgeld (Personenschaden) nicht zu, obwohl er vom Sozialversicherungsträger keine kongruente Leistung erhält.
Rz. 56
Diese Regelung verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Danach verstößt der Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs durch §§ 636, 637 RVO auch bei Schwerstverletzten nicht gegen das Grundgesetz. Ausweislich der Gründe war die Erwägung maßgebend, dass der Wegfall des Schmerzensgeldanspruchs spätestens seit dem RRG 1992 auch bei Arbeitsunfällen mit schweren Verletzungen dadurch aufgewogen wird, dass beim Zusammentreffen von Verletztenrente und EU-Rente ein Betrag anrechnungsfrei bleibt, der der jeweiligen Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entspricht. Um diesen Betrag übersteigt die Gesamtrente den letzten Nettoverdienst, wodurch zumindest ein Teil des immateriellen Schadens ausgeglichen ist.
II. Sachschaden
Rz. 57
Nicht vom Haftungsprivileg betroffen ist dagegen der Sachschaden. Diesen kann der Versicherte nach den materiellrechtlichen Vorschriften gegen den Unternehmer bzw. Arbeitskollegen uneingeschränkt geltend machen. Ausgenommen sind nur Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung von Körperersatzstücken oder größeren orthopädischen Hilfsmitteln, denn sie sind dem Körperschaden gleichgestellt (§ 8 Abs. 3 SGB VII).
Rz. 58
Das Körperersatzstück gleicht den Funktionsverlust eines Körperteils aus. Der Begriff ist enger als der des Hilfsmittels und umfasst z.B. Prothesen (auch Zahnprothesen), Kunstaugen, Perücken. Orthopädische Hilfsmittel sind Gegenstände, die der Unterstützung von eingeschränkten Körperfunktionen dienen und in die Körperfunktion selbst eingegliedert sind. Die Auslegung des Wortes "größeres" richtet sich nach dem Wert und seiner Bedeutung für den menschlichen Körper.
Rz. 59
Nicht zum Sachschaden, sondern zum Personenschaden sollen die Kosten gehören, die durch Anschaffung eines Anzugs entstanden sind, den der Verletzte wegen eines Brustgipses in entsprechender Größe und Weite benötigte. Die Richtigkeit dieser vereinzelt gebliebenen Auffassung, die im Übrigen in der Folge keine Bestätigung gefunden hat, muss bestritten werden.
Rz. 60
Zu den Personenfolgeschäden, zum Sachschaden des unfallversicherten "Nothelfers" (§ 2 Abs. 1 Nr. 13a VII) siehe aber auch § 13 SGB VII.
III. Ansprüche der Angehörigen und Hinterbliebenen
Rz. 61
Ist der Ver...