Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 146
Die Haftungsbefreiung nach § 104 Abs. 1 SGB VII setzt eine Tätigkeit im Unfallunternehmen voraus (vgl. insoweit auch Rdn 153 ff.). Sie erfasst demnach nur solche versicherte Tätigkeiten, die – "im" Unfallunternehmen geleistet – einen derart inneren Bezug zur Betriebs- und Gefahrengemeinschaft des Unfallunternehmens haben, dass für sie die Anwendung des § 104 Abs. 1 SGB VII ihrer Zweckbestimmung nach gerechtfertigt ist.
Rz. 147
An diesem inneren Bezug zur Betriebs- und Gefahrengemeinschaft würde es z.B. fehlen, wenn ein im Sägewerk Beschäftigter mit der Säge Holz für seinen privaten Bedarf schneidet und sich hierbei verletzt.
Rz. 148
Ebenso wird ein Schlagersänger, der im Rahmen einer "Hitparaden-Tournee" aufgrund eines Engagementvertrages mit dem Veranstalter auftritt, nicht "im" Unternehmen des Veranstalters, sondern vielmehr selbstständig als Unternehmer tätig. Es kommt deshalb hier nicht zur Haftungsbefreiung, wenn er auf der Bühne wegen eines vom Veranstalter zu vertretenden Umstands verunglückt.
Rz. 149
Auch ein Nothelfer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII tritt durch sein Eingreifen nicht in solch innere Beziehung zum Betrieb, dem er Nothilfe leistet. Dies gilt z.B. für einen Ingenieur, der in der Nacht einen Defekt an einer Fernheizungsleitung bemerkt und sich bei der Defektbeseitigung verletzt. Hierbei ist er nicht im Unfallunternehmen tätig geworden, sondern im Verhältnis zum Unternehmen als Außenstehender. Die Haftungsablösung greift daher nicht ein.
Rz. 150
Ein selbstständiger Landwirt wird nicht für den Betrieb einer von ihm beauftragten Mähdrescherei tätig, wenn sich die Entgegennahme seines Korns durch eine Betriebsstörung des Mähdreschers verzögert und er sich bei Mithilfe der Pannenbeseitigung verletzt.
Rz. 151
Ein frei praktizierender Arzt, der bei einem rettungsdienstlichen Notarzteinsatz durch einen vom Fahrer des Rettungswagens verschuldeten Verkehrsunfall verletzt wurde, hat keine Tätigkeit für das Rettungsunternehmen ausgeübt. Seinen Ansprüchen auf Schadensersatz steht das Haftungsprivileg nicht entgegen.
Rz. 152
Ebenso wenig stellt die Mitwirkung des Patienten bei einer Krankenhausbehandlung eine Tätigkeit für den Krankenhausträger dar. Hier steht das Genesungsinteresse des Patienten im Vordergrund. Erleidet daher ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 SGB VII Versicherter im Krankenhaus einen Unfall (z.B. mangelhafte Einrichtung einer Badekabine), so kann sich der Krankenhausträger nicht auf das Haftungsprivileg berufen.