A. Vorbemerkung
Rz. 1
Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber müssen die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über
▪ |
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, |
▪ |
den Grund für den Übergang, |
▪ |
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und |
▪ |
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen unterrichten. |
Rz. 2
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer i.R.d. § 613a BGB so zu informieren, dass jener sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes erhalten (BT-Drucks 14/7760, 19; BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05; präzisierend auch: BAG v. 17.10.2013 – 8 AZR 763/12). Den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügt eine reine Wiederholung des Gesetzeswortlautes nicht, erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 86). In der Literatur ist umstritten, ob bei ausländischen Arbeitnehmern eine Übersetzung erforderlich ist, wenn jene nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen (dagegen Günther/Falter, ArbRAktuell 2011, 64; Langner, DB 2008, 2082, 2083; Schnitker/Grau, BB 2005, 2238, 2242, die nur von einer Übersetzungspflicht bei einer solche üblichen Praxis des Arbeitgebers ausgehen; dafür Schaub/Koch, ArbRHB, § 118 Rn 40). Dabei gebührt der Ansicht der Vorzug, die eine Pflicht zur Übersetzung ablehnt. Denn der Arbeitgeber erfüllt seine Informationspflicht i.d.R. dadurch, dass der dem Arbeitnehmer die in § 613a BGB aufgeführten Informationen in Textform und in deutscher Sprache mitteilt. Ab diesem Zeitpunkt ist es Sache des Arbeitnehmers, sich über den Inhalt des Unterrichtungsschreiben und die sich daraus resultierenden rechtlichen Folgen zu informieren (Günther/Falter, ArbRAktuell 2011, 164). Vom Arbeitnehmer kann zu Recht die Einholung einer Übersetzung erwartet werden (so zutreffend auch Langner, BB 2008, 2082 f.; vgl. Günther/Falter, ArbRAktuell 2011, 164 f.). Es besteht nämlich auch keine generelle Übersetzungspflicht für Schriftstücke, die von fremdsprachigen Arbeitnehmern unterzeichnet werden sollen (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz v. 2.2.2012 – 11 Sa 569/11, wonach ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Arbeitnehmer, der nach Vertragsverhandlungen in seiner Muttersprache einen deutschsprachigen Formulararbeitsvertrag unterzeichnet, ohne auf dessen Übersetzung zu bestehen, diesen gegen sich gelten lassen muss). Eine Unterrichtung hat aber in der Muttersprache von ausländischen Arbeitnehmern zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber die jeweilige Muttersprache auch generell als Vertragssprache verwendet (Günther/Falter, ArbRAktuell 2011, 164 f.).
Rz. 3
Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem subjektiven Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05; BAG v. 22.1.2009 – 8 AZR 808/07; Müller-Bonanni/Grau, ArbRB 2007, 146 ff.; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 85; MüKo-BGB/Müller/Glöge, BGB, § 613a Rn 106 ff.).
Rz. 4
Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, ist gerichtlich voll überprüfbar (vgl. aber, Grobys, BB 2002, 726, 729, der nur ein formelles Prüfungsrecht des Gerichts annimmt), wobei bei komplexen juristischen Fragen eine vertretbare Position nach Einholung rechtlichen Rates ausreicht (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 303/05; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 85; Koller-van Delden, DStR 2008, 776, 778). Der Veräußerer und der Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und beweispflichtig. Entspricht eine Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel näher darzulegen. Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann die Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05; BAG v. 31.1.2008 – 8 AZR 1116/06; sowie BAG v. 10.11.2011 – 8 AZR 430/10).
Rz. 5
Praxistipp
Da die Unterrichtungspflicht sowohl den Veräußerer als auch den Erwerber betrifft, sollten sich beide absprechen, wer dieser Pflicht nachgeht, um zu vermeiden, dass zwei Unterrichtungen erfolgen, und so erst die zweite die Widerspruchfrist in Gang setzt und/oder ungleiche Inhalte zu Schadensersatzpflichten führen (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 382/05; Meyer, BB 2003, 1010, 1011).
Es empfiehlt sich, die Koordination der Unterrichtungspflicht als eine begleitende Regelung im Übernahmevertrag festzuhalten und die Rechtsfolgen für den Fall der fehlerhaften Information und eines sich darauf stützenden Widerspruches zu re...