Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 20
Die Überleitungsanzeige ist ein Verwaltungsakt, der in die Rechte des Hilfeempfängers eingreift. Es sind deshalb die Erfordernisse der §§ 31 ff. SGB X zu beachten. Vor seiner Bekanntgabe ist deshalb die Anhörung des Adressaten erforderlich (§ 24 Abs. 1 SGB X). Liegt eine Ausnahme hiervon nach § 24 Abs. 2 SGB X vor, so ist zumindest aber eine Mitteilung des Anspruchsübergangs an den Hilfeempfänger anzuraten. Eine Anhörung des Schuldners ist nicht erforderlich, da die Überleitung dessen Rechte nicht berührt; sie bewirkt nur einen Gläubigerwechsel. Die Überleitung eines Anspruchs ist ein Fall der Rechtsnachfolge im Sinne des § 265 ZPO.
Rz. 21
Gegen die Überleitungsanzeige (Verwaltungsakt) sind nach § 93 Abs. 3 SGB XII die allgemeinen Verwaltungsrechtsmittel gegeben. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung, sodass die Zahlungspflicht des Drittschuldners nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt wird. Auf Antrag kann nach § 80 Abs. 5 VwGO hierüber abweichend entschieden werden. Im Rechtsmittelverfahren ist nur zu prüfen, ob die Überleitungsanzeige nach öffentlichem Recht rechtmäßig ist. Dabei ist sowohl für den Hilfeempfänger wie für den Dritten jeweils zu unterscheiden, ob sie zunächst ein Rechtsschutzinteresse haben und welche der erforderlichen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen dem Schutz des Hilfeempfängers bzw. des Dritten dienen.
Rz. 22
Das Rechtsschutzinteresse des Hilfeempfängers ist unbestritten, wird ihm doch durch die Überleitungsanzeige die Aktivlegitimation hinsichtlich seines Anspruchs genommen.
Rz. 23
Das Rechtsschutzinteresse des Dritten ergibt sich schon daraus, dass er durch den Gläubigeraustausch mit einem härteren Vorgehen des Sozialhilfeträger bei der Durchsetzung des übergeleiteten Anspruchs rechnen muss als durch den ursprünglichen Anspruchsinhaber. Unstreitig ist das Rechtsschutzinteresse des Dritten an der Überleitung von Unterhaltsansprüchen zu bejahen, da gemäß § 91 Abs. 1 BSHG ihm gegenüber Schongrenzen zu beachten sind und gemäß § 91 Abs. 3 BSHG bei Härten von einer Inanspruchnahme abgesehen werden soll. Das Bundesverwaltungsgericht neigte zunächst dazu, pauschal das Rechtsschutzinteresse des Dritten zu verneinen, und tendiert, wie dargelegt, nunmehr zur Bejahung eines Rechtsschutzinteresses des Dritten, und zwar in jedem Fall dann, wenn "familiäre" Belange berührt sind.
Rz. 24
Kommt es nach erfolglosem Widerspruch zur Anfechtungsklage, ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur zu prüfen, ob die Überleitung des Anspruchs nach öffentlichem Recht wirksam erfolgt ist (z.B. Beachtung der Schongrenze nach § 91 Abs. 1 BSHG, Beachtung der allgemeinen sozialhilferechtlichen Grundsätze, Prüfung des Ermessens usw.). Keine Sache des Verwaltungsgerichts ist es dagegen, Bestehen und Höhe des zivil- oder öffentlich-rechtlichen Anspruchs zu überprüfen. Dies ist letztlich Angelegenheit des Zivilgerichts, das der Sozialhilfeträger möglicherweise bei der Durchsetzung des übergeleiteten Anspruchs anzurufen gezwungen ist.