Dr. Dirk Pohl, Dr. iur. Uwe Scholz
Rz. 189
Die Finanzgerichtsordnung kennt ähnlich der Zivilprozessordnung die Institute der Erledigung der Hauptsache und der Rücknahme der Klage. Daneben besteht die Spezialität des § 68 FGO, der prozessualen Folgen bei einer Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes.
a) Erledigung der Hauptsache
Rz. 190
Gem. § 138 Abs. 2 FGO ist die Hauptsache insbesondere dann erledigt, wenn das Finanzamt dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes stattgibt. Erledigung tritt ein, wenn das Rechtsbehelfsbegehren des Klägers während des gerichtlichen Verfahrens durch ein außerprozessuales Ereignis ganz oder teilweise unzulässig oder unbegründet wird. Zwar könnte der Kläger in diesen Fällen seine Klage zurücknehmen. Doch dann müsste er gem. § 136 Abs. 2 FGO die Kosten tragen. Daher gibt § 138 FGO den Parteien die Möglichkeit, den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt zu erklären.
aa) Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erledigungserklärung
Rz. 191
Wie im Zivilprozess entscheidet das Gericht bei übereinstimmender Erledigungserklärung nicht mehr über das Klagebegehren. Es entscheidet vielmehr nur noch gem. § 138 Abs. 1 FGO durch Beschluss über die Kosten. Bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen prüft das Gericht nicht, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist oder ob die Klage zulässig gewesen ist. Es trifft nur die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen, d.h. in der Praxis nach dem wahrscheinlichen Ausgang des Verfahrens.
bb) Einseitige Erledigungserklärung des Klägers
Rz. 192
Soweit die beklagte Behörde mit der Erledigungserklärung des Klägers nicht übereinstimmt, ist die einseitige Erledigungserklärung im Falle eines erledigenden Ereignisses nach Rechtshängigkeit als Klageänderung auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache anzusehen. In diesem Fall prüft das Gericht, ob die Hauptsache tatsächlich erledigt ist. Ist die Hauptsache nicht erledigt, weist das Gericht die Klage ab und legt dem Kläger gem. § 135 Abs. 1 FGO die Kosten auf. Diese missliche Folge kann der Kläger vermeiden, wenn er den ursprünglichen Klageantrag als Hilfsantrag weiterverfolgt. Gelangt das Gericht zur Ansicht, dass die Hauptsache tatsächlich erledigt ist, stellt es die Erledigung in einem Urteil fest.
cc) Erledigungserklärung des Beklagten
Rz. 193
Die einseitige Erledigungserklärung des Beklagten sieht die Rechtsprechung als eine Anregung an das Gericht, zu prüfen, ob die Hauptsache erledigt und die Klage als unzulässig abzuweisen sei. Ist die Hauptsache in dem Fall erledigt, weist das Gericht die Klage als unzulässig ab und legt gem. § 135 Abs. 1 FGO dem Kläger die Kosten auf.
b) Klagerücknahme
Rz. 194
Vgl. zu Klagerücknahme und Gestaltungsempfehlung auch Brandt, AO-StB 2003, 61.
Rz. 195
Der Kläger kann seine Klage gem. § 72 FGO bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Er kann sie also noch zurücknehmen, nachdem er Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision eingelegt hat. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. bei Verzicht auf die mündliche Verhandlung und nach einem Vorbescheid ist die Rücknahme nur mit Einwilligung des Beklagten möglich (§ 72 Abs. 1 S. 2 FGO). Bei Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann der Kläger ohne Einwilligung zurücknehmen; in der Revisionsinstanz soll die Einwilligung ausnahmslos erforderlich sein. Eine Teilrücknahme bedarf keiner Einwilligung. Außergerichtliche Vereinbarungen über die Zurücknahme der Klage sollen möglich sein. Die Klagerücknahme führt zur Beendigung des Verfahrens; ein bereits erstrittenes Urteil ist wirkungslos.
Gem. § 136 Abs. 2 FGO trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens. Diese sind bei der Klagerücknahme nach dem GKG zwar niedriger als im Falle eines Urteils, weil sich die 4,0 Gebühren nach Nr. 6110 KV GKG auf 2,0 Gebühren reduzieren, Nr. 6111 Nr. 1 KV GKG. Die Klagerücknahme begründet die gleichen Gerichtskosten wie die Erledigungserklärung, für die Nr. 6111 Nr. 2 KV GKG i.V.m. § 138 Abs. 1 FGO gilt. Jedoch kann bei übereinstimmender Erledigungserklärung ein Vergleich über die Gerichtskosten erfolgen, §§ 2 Abs. 5 S. 2, 29 Nr. 2 GKG.