Dr. Dirk Pohl, Dr. iur. Uwe Scholz
a) Starke Einschränkungen der Revisibilität
Rz. 202
Die Revision ist nur zulässig, wenn das Finanzgericht sie zulässt, § 115 Abs. 1 FGO. Das Finanzgericht hat die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder beim geltend gemachten Verfahrensmangel die Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 FGO).
Rz. 203
Ansonsten muss gegen die Nichtzulassung Beschwerde (nach § 116 Abs. 2 S. 1 FGO unmittelbar beim BFH) eingelegt werden. Neben diesem Devolutiveffekt kommt der Nichtzulassungsbeschwerde auch eine Suspensivwirkung zu; sie verhindert den Eintritt der Rechtskraft des Finanzgerichtsurteils, § 116 Abs. 4 FGO. Aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde doch noch die Möglichkeit der Revision zu bekommen, gehört zu den großen Kunststücken steuerlicher und anwaltlicher Berater, die nicht oft gelingen. Denn es ist darzulegen, dass ein Zulassungsgrund besteht, und nicht etwa, warum man das Urteil für unzutreffend hält. Die FGO-Novelle 2001 sollte zwar die bisher als zu eng empfundenen Revisionszulassungsgründe erweitern. In der Praxis ist das aber nicht feststellbar. Die Rechtsprechung des BFH ist nach wie vor sehr restriktiv.
b) Parallel Verfassungsbeschwerde?
Rz. 204
In manchen Fällen kann es aus Gründen anwaltlicher Vorsorge geboten sein, parallel Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht einzulegen. Denn nach der ständigen – u.E. falschen – Rechtsprechung des BVerfG ist die Monatsfrist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt, wenn sich der Beschwerdeführer gegen eine Entscheidung als letzte ordentliche Gerichtsentscheidung wendet, die den Rechtsbehelf als offensichtlich unzulässig abweist. Ein solches Verdikt können selbst sehr erfahrene Berater bei der Nichtzulassungsbeschwerde nicht immer ausschließen.
c) Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung
Rz. 205
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann rügen, dass das Finanzgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hätte zulassen müssen, § 116 Abs. 3 S. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
aa) "Grundsätzlich" – was ist das?
Rz. 206
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die Entscheidung durch den BFH aus Gründen der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen (abstrakten) Interesse liegt. Entscheidend ist, ob das Interesse eines größeren Kreises von Steuerpflichtigen an der einheitlichen Handhabung und Entwicklung des Rechts berührt ist. Grundsätzliche Bedeutung können danach Rechtssachen haben, in denen es um Prinzipien/Grundsätze des Steuerrechts geht, die Rechtsfragen von allgemeinem Interesse für die Gesamtheit aufwerfen, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind oder die höchstrichterlich zwar entschieden sind, doch die vertretene Rechtsauffassung beachtlichen Widerspruch erfahren hat.
Rz. 207
Durch die FGO-Novelle 2001 ist § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zwar nicht geändert worden; jedoch gibt es zusätzlich nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall der Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung. In der Praxis sollte man sich vorsorglich auf beide Zulassungsgründe berufen und die Abgrenzung dem BFH überlassen. Darüber hinaus sollte nach der Begründung zur FGO-Novelle gelten, dass Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts über den Einzelfall hinaus auch dann allgemeine Interessen nachhaltig berühren, wenn sie von erheblichem Gewicht und auch geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dies kommt im Gesetzeswortlaut von § 115 Abs. 2 FGO aber nur ungenügend zum Ausdruck. Jedoch geht der BFH nunmehr davon aus, dass besonders schwerwiegende Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts die Zulassung der Revision ermöglichen.
Zur Frage, ob dazu an § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung) oder § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) anzuknüpfen ist, führt der BFH im Beschl. v. 13.10.2003 lapidar aus, dies sei im Ergebnis ohne Bedeutung. Eine allgemeingültige Definition des "besonders s...