Dr. Dirk Pohl, Dr. iur. Uwe Scholz
Rz. 83
Nach § 89 Abs. 2 AO kann ein Antrag auf verbindliche Auskunft für erst in Zukunft zu verwirklichende und genau bestimmte Sachverhalte gestellt werden, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig ist gem. § 89 Abs. 2 S. 2 AO das Finanzamt, das bei Verwirklichung des Sachverhalts für die Besteuerung zuständig wäre. Ist ein solches nicht auszumachen, ist der Antrag nach § 89 Abs. 2 S. 3 AO beim Bundeszentralamt für Steuern zu stellen. Die zuständige Finanzbehörde soll gem. § 89 Abs. 2 S. 4 AO über den Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Zugang entscheiden; sollte sie nicht entscheiden können, muss sie dies dem Antragssteller mitteilen und begründen. Das in § 89 Abs. 2 S. 1 AO geforderte besondere Interesse des Antragstellers hat nach Ansicht der Verwaltung grds. nur der Steuerpflichtige. Besteht dieser im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht, kann auch ein Dritter berechtigter Antragsteller sein. In Fällen der einheitlichen und gesonderten Feststellung, also für Personengesellschaften, müssen nach § 1 Abs. 2 S. 1 StAuskV (Steuerauskunftsverordnung) alle Beteiligten die Auskunft gemeinsam beantragen, wobei ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt werden soll.
aa) Inhalt des Auskunftsantrages
Rz. 84
Ein Antrag soll nach § 1 Abs. 1 StAuskV enthalten:
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die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, Wohnsitz bzw. Sitz, ggf. Steuernummer), |
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die umfassende und in sich geschlossene Darstellung eines ernsthaft geplanten Sachverhalts (keine unvollständige, alternativ gestaltete oder auf Annahmen beruhende Darstellung, Verweisung auf Anlagen nur als Beleg), |
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die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses an der Auskunft, |
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die ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes, |
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die Formulierung konkreter Rechtsfragen (globale Fragen nach Rechtsfolgen reichen nicht), |
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die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen Finanzbehörde eine verbindliche Auskunft beantragt wurde sowie |
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die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen. |
Eine verbindliche Auskunft kann nur zur Beantwortung konkreter Rechtsfragen eingeholt werden. Bei einer engen Auslegung des Begriffs der "Rechtsfrage" wären daher alle Fragen der verbindlichen Auskunft entzogen, bei denen es nicht um abstrakte Rechtsfragen, sondern (auch) um die Auslegung des konkreten Sachverhaltes geht.
So ist im Vorfeld einer Umstrukturierung regelmäßig fraglich, ob ein abzuspaltender Betriebsteil tatsächlich alle Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfüllt oder bestimmte Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen sind. Hierbei handelt es sich regelmäßig nicht um reine Rechtsfragen. Die Praxis zeigt jedoch, dass bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Anträge die Finanzverwaltung regelmäßig verbindliche Auskünfte erteilt, die die gewünschte Bindungswirkung entfalten, und es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, die Umstrukturierung mit der notwendigen Rechtssicherheit durchzuführen.
bb) Bindungswirkung
Rz. 85
Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO wird nach Tz. 3.5.5 AEAO zu § 89 "anders als die frühere Auskunft mit Bindungswirkung" als Verwaltungsakt angesehen. Der alte Streit über die Rechtsnatur der verbindlichen Auskunft soll sich damit erledigt haben. Der Vertrauensschutzgedanke liegt der verbindlichen Auskunft jedoch immer noch zugrunde. Das ist insbesondere bei der im Ermessen der Finanzverwaltung stehenden Rücknahme einer unrichtigen verbindlichen Auskunft mit Wirkung für die Zukunft nach § 2 Abs. 3 StAuskV zu beachten. Nach der bisherigen Rechtsprechung sollte die schriftliche Auskunft etwa einer Oberfinanzdirektion oder eines Ministeriums regelmäßig keine Bindungswirkung für andere Finanzbehörden entfalten, da die verbindliche Zusage nur die Parteien des konkreten Steuerrechtsverhältnisses betreffe. Diese Frage ist durch die Zuständigkeitsregelung des § 89 Abs. 2 AO für die verbindliche Auskunft weitgehend gegenstandlos geworden. Innerhalb der zuständigen Behörde muss ein zur wirksamen Vertretung befugter Beamter die verbindliche Auskunft erteilen.