Dr. Dirk Pohl, Dr. iur. Uwe Scholz
Rz. 152
Gem. § 76 Abs. 3 FGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer von der Finanzbehörde gem. § 364b Abs. 1 AO gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden (vgl. Rdn 48). Das Gericht muss bei der Zurückweisung gem. § 76 FGO ein Ermessen ausüben. Das Gericht muss etwa berücksichtigen, wenn die Einspruchsbehörde Fristen zu kurz gesetzt oder keine Belehrungen erteilt hat; nur wenn das FA die Frist rechtsfehlerfrei gesetzt hat, kann sie im Prozess Anknüpfungspunkt für Präklusion sein. Zudem normiert § 76 Abs. 3 S. 2 FGO, dass § 79b Abs. 3 FGO entsprechend anwendbar ist. Danach darf das Gericht gem. § 76 Abs. 3 FGO nur dann zurückweisen, wenn die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der BFH hat zu § 76 Abs. 3 FGO entschieden, dass es regelmäßig ermessensfehlerhaft sei, vom Kläger erst im Klageverfahren, aber angemessene Zeit vor der mündlichen Verhandlung nachgereichte Steuererklärungen wegen Verzögerung des Rechtsstreits zurückzuweisen, wenn es das Finanzgericht unterlassen hat, schon vor der mündlichen Verhandlung geeignete vorbereitende Maßnahmen gem. § 79 Abs. 1 FGO zu treffen.
Rz. 153
Das Gericht kann auch dem Kläger gem. § 79b Abs. 1 FGO eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Es kann gem. § 79b Abs. 2 FGO jedem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen oder Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen, soweit die Beteiligten dazu verpflichtet sind. Erklärungen und Beweismittel, die nach der gesetzten Frist vorgebracht werden, kann das Gericht gem. § 79b Abs. 3 FGO zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreites verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und er über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist. Eine Zurückweisung nach § 79b FGO kommt gem. § 79b Abs. 3 S. 3 FGO nicht in Betracht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten aufzuklären. Die Vorschriften sollen verhindern, dass der Einspruchsführer seine im Einspruchsverfahren ausgeschlossenen Erklärungen und Beweismittel im Klageverfahren lediglich wiederholt.
aa) Ermessen
Rz. 154
Das Gericht muss bei der Zurückweisung nach §§ 76 Abs. 3, 79b Abs. 3 FGO Ermessen ausüben. Eine Präklusion kommt z.B. nicht in Betracht, wenn Finanzgerichte eine eingegangene Klageschrift und nachgereichte Steuererklärungen zu den Akten nehmen, um irgendwann eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und die Steuerpflichtigen zu präkludieren. Die Gerichte müssen vielmehr die mündliche Verhandlung rechtzeitig vorbereiten und prozessleitende Verfügungen treffen.
bb) Kosten
Rz. 155
Präklusion kann negative Kostenfolgen für den Präkludierten haben, § 137 FGO.