Rz. 156

Das Gericht darf gem. § 96 Abs. 1 S. 2 FGO über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden;[220] diese darf und muss es so auslegen, wie es dem Willen eines verständigen Klägers entspricht.[221] Aus der Bindung an die Anträge bzw. der Rechtsschutzfunktion des FG-Verfahrens folgt das Verbot der reformatio in peius/Verböserungsverbot.[222]

Das Gericht kann (abgesehen vom Fall des Gerichtsbescheides) durch Urteil gem. § 100 Abs. 2 S. 1 FGO in der Sache selbst entscheiden. Es berechnet also z.B. bei dem Streit um die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides die Steuer selbst neu und setzt sie im Urteil fest, § 100 Abs. 2 S. 1 FGO. Das Finanzgericht kann aber auch der Finanzbehörde gem. § 100 Abs. 2 S. 2 FGO auferlegen, die Steuer aufgrund der Entscheidung zu errechnen.[223] Hält das Finanzgericht weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es gem. § 100 Abs. 3 FGO den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben und den Rechtsstreit an das Finanzamt zurückverweisen.[224] Möglich ist auch eine Erledigung der Hauptsache ohne gerichtliche Entscheidung (vgl. Rdn 190 ff.).

[220] Vgl. allg. Gräber/Ratschow, FGO, § 96 Rn 45 ff.
[222] Vgl. Gräber/Ratschow, FGO, § 96 Rn 51; Tipke/Kruse, § 96 FGO Rn 101, § 100 FGO Rn 36 ff.
[223] Vgl. Streck/Kamps/Olgemöller, Der Steuerstreit, Rn 1119 f.; Gräber/Stapperfend, FGO, § 100 Rn 42 ff.
[224] Vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, § 100 Rn 55.

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