Dr. Dirk Pohl, Dr. iur. Uwe Scholz
Rz. 127
Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt gem. § 47 Abs. 1 FGO einen Monat. Sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Eine vor Bekanntgabe erhobene Klage ist und bleibt auch nach Bekanntgabe nach der Rechtsprechung unzulässig. Wird die Einspruchsentscheidung – wie meist – mit einfachem Brief bekannt gegeben, ist der Fristbeginn gem. § 122 Abs. 2 AO der dritte Tag nach Aufgabe des Bescheides zur Post – es sei denn, der Steuerpflichtige kann einen späteren Zugang nachweisen. § 108 Abs. 3 AO gilt seit dem BFH Beschl. v. 23.9.2003 auch für die Dreitageregelung: Die Frist beginnt also nach neuer Rechtsauffassung, wenn der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post auf einen Sonn- oder Feiertag oder Sonnabend fällt, erst mit dem Ablauf des nächsten Werktags.
Nach Auffassung des BFH sollen Einspruchsentscheidungen auch durch Telefax übermittelt und in Form von Telefaxausdruck wirksam bekannt gegeben werden können. Gibt ein steuerlicher Berater im Briefkopf seiner Schriftsätze eine Telefaxnummer an, muss er sich aufgrund des hierdurch begründeten Rechtsscheins so behandeln lassen, als sei dies seine Telefaxnummer; ist es die Telefaxnummer eines Dritten, muss er sich so behandeln lassen, als habe er den Dritten zu seinem Empfangsbevollmächtigten für Telefaxsendungen bestellt.
aa) Berechnungsbeispiel
Rz. 128
Das Finanzamt hat den Bescheid am 23.12.2019, einem Montag, zur Post gegeben. Nachdem der Ablauf der Dreitagesfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO auf einen gesetzlichen Feiertag fällt, verschiebt sich die Bekanntgabe auf Freitag, 27.12.2019. Die Klagefrist endet in dem Beispielsfall am Montag, 27.1.2020, Mitternacht.
bb) Eingang der Klage
Rz. 129
Innerhalb der Klagefrist muss die Klage eingehen, entweder beim örtlich zuständigen Finanzgericht (§ 64 Abs. 1 FGO) oder bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist. Sie muss dort gem. § 47 Abs. 2 FGO "angebracht oder zur Niederschrift gegeben" werden. Der Kläger hat die einmonatige Klagefrist nur dann gewahrt, wenn seine Klage die inhaltlichen und formalen Minimalanforderungen erfüllt, von denen es abhängt, ob ein Schriftstück sich überhaupt als Klageschrift qualifizieren lässt. Ist die Klage beim unzuständigen Gericht erhoben, lässt § 70 FGO Verweisungen zu. Die Klage beim unzuständigen Gericht wahrt die Frist.
cc) Keine oder fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung
Rz. 130
Im Computer- und Formularzeitalter stellt sich zwar kaum einmal die Frage, dass den anzufechtenden Bescheiden die Rechtsbehelfsbelehrung fehlt oder unrichtig ist. Kommt dies doch einmal vor, kann der Kläger gem. § 55 FGO die Anfechtungsklage noch innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe der Entscheidung einlegen.