Rz. 1
Der Arbeitnehmer kann gem. § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Mithin hängt der Übergang des Arbeitsverhältnisses vom Willen des Arbeitnehmers ab. Der Bundesgesetzgeber hat zur Begründung des Widerspruchsrechtes nach § 613a Abs. 6 BGB die Berufsfreiheit herangezogen und geht davon aus, dass es mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet wäre, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (vgl. BT-Drucks 14/7760, 20). Die Informationsverpflichtung dient gerade dazu, dem Arbeitnehmer Kenntnis über die Grundlagen für die Ausübung dieser Wahlmöglichkeit zu verschaffen. Haben der Veräußerer und der Erwerber dieser Verpflichtung nicht ausreichend und ordnungsgemäß Genüge getan, ist der Arbeitnehmer schutzwürdig (vgl. BAG v. 14.12.2006 – 8 AZR 763/05).
Rz. 2
Nach st. Rspr. des BAG handelt es sich bei dem Widerspruch um ein Gestaltungsrecht in der Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts (BAG v. 30.10.2003 – 8 AZR 491/02, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 16 m.w.N.; BAG v. 30.9.2004, AP § 613a BGB Nr. 275 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 28). Er wird durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt und kann wie andere Gestaltungsrechte (z.B. Anfechtung oder Kündigung) nicht unter einer Bedingung oder unter Vorbehalt ausgeübt werden, insb. kann der Arbeitnehmer ihn nicht davon abhängig machen, dass ihm beim Verbleib beim bisherigen Arbeitgeber nicht gekündigt werde (Erman/Hanau, § 613a BGB Rn 50; MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a Rn 115; a.A. Woeller, AiB 1994, 598).
Rz. 3
Ist der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsübernehmer rechtzeitig erklärt worden, so kann er nicht einseitig vom Arbeitnehmer durch das bloße Anbieten der Arbeitskraft oder durch Erklärung eines Widerrufs wieder rückgängig gemacht werden (BAG v. 30.10.2003 – 8 AZR 491/02). Der Widerspruch ist nach einem Urteil des LAG Köln auch nicht so lange widerruflich, solange dem Arbeitnehmer die Informationen nach § 613a Abs. 5 BGB noch nicht erteilt wurden. Dies gebiete die Rechtssicherheit. Wenn ein Widerspruch erfolgt sei, könne davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer sich die fehlenden oder unvollständigen Informationen zum Betriebsübergang selbst besorgt habe und sein Widerspruchsrecht deshalb ausübe, weil er das Arbeitsverhältnis mit seinem bisherigen Vertragspartner fortsetzen wolle (LAG Köln v. 2.8.2010 – 2 Sa 176/10). Will der Arbeitnehmer die Rechtswirkungen des Widerspruches beseitigen, ist dies nur durch eine dreiseitige Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer, Veräußerer und Erwerber möglich (LAG Hamm v. 15.1.2004 – 16 Sa 391/03) oder durch eine Anfechtung gem. §§ 119 ff. BGB (BAG v. 15.2.2007 – 8 AZR 310/06; Haas/Salamon/Hoppe, NZA 2011, 128 ff.).
Rz. 4
Der Widerspruch hat schriftlich zu erfolgen. Mithin muss die Schriftform gem. § 126 Abs. 1 BGB gewahrt sein. Diese kann durch die elektronische Form ersetzt werden, § 126 Abs. 3 BGB (MüKo-BGB/Müller-Glöge, § 613a Rn 117).
Rz. 5
Der Widerspruch muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Die Widerspruchserklärung ist gem. den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Bei der Ermittlung des Erklärungsinhaltes finden die Grundsätze zur Auslegung formbedürftiger Willenserklärungen und damit die hierzu entwickelte sog. Andeutungsformel oder -theorie Anwendung (vgl. hierzu näher Staudinger/Singer, § 133 BGB Rn 31 ff.). Es muss demnach zumindest ein Hinweis auf den Widerspruch aus der formgerechten Urkunde entnommen werden können. Andernfalls sind außerhalb der Urkunde liegende Umstände, wie bspw. die Verweigerung der Arbeitsleistung, nicht zu berücksichtigen (BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 382/05; BAG v. 15.2.2007 – 8 AZR 431/06). Bspw. ließ das BAG (v. 13.7.2006 – 8 AZR 382/05) die beglaubigte Abschrift einer Berufungserwiderung als Widerspruch ausreichen. Somit ist auch ein konkludent erklärter Widerspruch bei hinreichender Andeutung in der Urkunde beachtlich. Denn Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung der Form war es, dem Arbeitnehmer durch die eigenhändige Unterzeichnung der Erklärung die Bedeutung des Widerspruches bewusst werden zu lassen und ihn vor voreiligen Erklärungen zu schützen (BT-Drucks 14/7760, 20). Darüber hinaus soll die Beweisführung für beide Seiten erleichtert werden.
Rz. 6
Eine Begründung des Widerspruches ist nicht erforderlich (BAG v. 15.2.2007 – 8 AZR 310/06). Adressat des Widerspruches kann sowohl der Betriebsveräußerer als auch der Betriebserwerber sein, unabhängig davon, wer die Unterrichtung vorgenommen hat (APS/Steffan, BGB, § 613a Rn 221). Dabei ist besonders bei aufeinander folgenden Betriebsübergängen zu beachten, dass "neuer Inhaber" i.S.v. § 613a Abs. 6 S. 2 BGB stets derjenige ist, der beim letzten Betriebsübergang den Betrieb erworben hat. "Bisheriger Arbeitgeber" i.S.v. § 613a Abs. 6 S. 2 BGB kann nur derjenige sein, der bis zum letzten Betriebsübergang, also vor dem neuen Inhaber, den Betrieb innehatte und nicht mehr der vormalige Arbeitgeber, also nicht mehr...