I. Definition
Rz. 61
Rechtsgeschäfte sind Willenserklärungen zur Herbeiführung einer Rechtswirkung, d.h. zur Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen. Willenserklärungen sind – sofern dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist – an keine besondere Form gebunden, sie können daher schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Handeln – man spricht dann von konkludentem Handeln – abgegeben werden.
Beispiel:
A kauft in einem Supermarkt ein. Dazu legt sie die Waren, die sie kaufen möchte, auf das Band an der Kasse. Die Kassiererin tippt den Preis in die Kasse und nimmt das Geld von A entgegen.
Mit dem Hinlegen der Waren auf das Band hat A – ohne ein Wort zu sagen – das Angebot gemacht, die Waren zu kaufen. Mit dem Eintippen des Preises in die Kasse und der Annahme des Geldes hat die Kassiererin das Angebot zum Kauf der Waren angenommen, so dass ein Kaufvertrag geschlossen worden ist.
Rz. 62
Rechtsgeschäfte können nur von solchen Personen wirksam abgeschlossen werden, die die für das Rechtsgeschäft notwendige Geschäftsfähigkeit haben.
II. Arten von Rechtsgeschäften
Rz. 63
Rechtsgeschäfte lassen sich in verschiedene Typen einteilen. Man unterscheidet mehrseitige und einseitigeRechtsgeschäfte.
1. Zwei- (mehr-)seitige Rechtsgeschäfte
Rz. 64
Zwei-(mehr-)seitige Rechtsgeschäfte sind solche, die zu ihrer Wirksamkeit Willenserklärungen mehrerer Personen bedürfen. Als Beispiele sind zu nennen der Kauf, die Miete, der Auftrag etc.
All diese Rechtsgeschäfte kommen nur dann zustande, wenn mindestens zwei Personen einander deckende Willenserklärungen abgeben, die man als Angebot und Annahme bezeichnet.
Beispiel:
A will von B ein Auto kaufen. Ein Kaufvertrag kommt zustande, wenn A den Kauf anbietet und B dem Verkauf zustimmt.
Lehnt B den Verkauf ab, weil sie das Auto selbst behalten oder anderweitig verkaufen möchte, kommt ein Rechtsgeschäft wegen des Fehlens einer Annahme nicht zustande.
2. Einseitige Rechtsgeschäfte
Rz. 65
Einseitige Rechtsgeschäfte unterscheiden sich von mehrseitigen dadurch, dass sie aus nur einer Willenserklärung bestehen, mithin keiner Annahme bedürfen.
Hauptbeispiel einseitiger Rechtsgeschäfte ist die Kündigung, die regelmäßig nur von einer Partei eines Vertrages ausgesprochen wird und dann, wenn sie die Voraussetzungen einer Kündigung erfüllt, wirksam ist, auch wenn der Gekündigte ihr nicht zustimmt.
Beispiel:
A ist Rechtsanwaltsfachangestellte. Jeden Morgen kommt sie zu spät zu ihrer Arbeit. Zu den Mandanten ist sie unfreundlich. Eines Tages ist es dem Anwalt, für den sie arbeitet, zu viel. Er hat sie mehrfach abgemahnt. Als sie wieder nicht pünktlich zur Arbeit kommt, kündigt er A zum nächsten Kündigungstermin. Die Kündigung ist wirksam, auch wenn A ihr nicht zustimmt.
III. Formvorschriften
Rz. 66
Grundsätzlich ist für Rechtsgeschäfte keine besondere Form erforderlich – es gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Danach genügt es für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, dass die Erklärungen mündlich abgegeben werden.
Einige Rechtsgeschäfte unterliegen bestimmten Formvorschriften.
Als Formen kennt das Gesetz:
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Die gesetzliche Schriftform, d.h. die Urkunde muss von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet werden (§ 126 BGB). Dies ist bspw. bei Bürgschaftserklärungen (§ 766 BGB) und Kündigungen bei Beendigung des Mietverhältnisses (§ 568 Abs. 1 BGB) der Fall. |
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Die elektronische Form (§ 126a BGB). |
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Die Textform (§ 126b BGB). |
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Die "persönliche Errichtung" beim Testament (§ 2064 BGB). |
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Die notarielle Beurkundung, d.h. Beurkundung eines Vertrages durch einen Notar (§ 128 BGB). Dies gilt z.B. bei der Veräußerung von Grundstücken (§ 311b Abs. 1 BGB) und bei Schenkungsversprechen (§ 518 BGB). |
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Die öffentliche Beglaubigung, d.h., bei einer schriftlich abgefassten Erklärung wird die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt (§ 129 BGB). Beispiele hierfür sind: Antrag auf Eintragung in das Handelsregister oder das Vereinsregister oder Ausschlagung einer Erbschaft. |
Rz. 67
Rechtsgeschäfte bedürfen aber ausnahmsweise der oben genannten Formen, wenn die Form ausdrücklich durch das Gesetz vorgeschrieben (gesetzliche Schriftform) ist oder wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen in schriftlicher oder sogar in notarieller Form abgegeben werden müssen (gewillkürte Schriftform).
Rz. 68
Wenn nicht ausdrücklich verboten, ersetzt die elektronische Form gem. § 126a BGB die Schriftform nach § 126 Abs. 3 BGB. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Beteiligten die Übermittlung in elektronischer Form ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten gebilligt haben. Die elektronische Form kann der Gegenseite nicht aufgezwungen werden, zumal sie nicht verpflichtet ist, die dafür notwendigen technischen Einrichtungen vorzuhalten. Zur Einhaltung der elektronischen Form muss der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen (§ 126a BGB). Dabei dient die digitale Signatur dazu, dass ein Dokument und sein Inhalt eindeutig...