Rz. 317
a) Der Fall
Rz. 318
Das klagende Land nahm den Beklagten in Prozessstandschaft für die Bundesrepublik Deutschland auf Ersatz von Rentenversicherungsbeiträgen in Anspruch, die es dem Träger einer anerkannten Werkstätte für behinderte Menschen gemäß § 179 Abs. 1 S. 1 SGB VI i.V.m. § 1 der Verordnung über die Erstattung von Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten (Aufwendungserstattungs-Verordnung) vom 11.7.1975 (BGBl I S. 1896) erstattet hatte.
Rz. 319
Im Februar 1999 verunglückte der damals 17-jährige Schüler D. B. bei einem Verkehrsunfall. Er erlitt schwere Kopfverletzungen und ist seitdem behindert. (Der Fall lässt sich natürlich auch abwandeln in Richtung einer Behinderung aufgrund eines Geburtsschadens). Der Beklagte war der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, den unstreitig eine Haftungsquote von 30 % traf. Am 1.1.2001 unterzeichnete D. B. eine sogenannte "Vergleichs- und Abfindungserklärung", in der er sich gegenüber dem Beklagten nach – dann erfolgter – Zahlung von noch 80.000 DM mit allen Ansprüchen "für jetzt und für die Zukunft" als "endgültig abgefunden" erklärte.
Rz. 320
Seit November 2005 arbeitete D. B. in den B.-Werkstätten in S., einer anerkannten Werkstätte für behinderte Menschen. Das klagende Land hat dem Träger der Einrichtung gemäß § 179 Abs. 1 S. 1 SGB VI i.V.m. § 1 Aufwendungserstattungs-Verordnung Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 14.298,44 EUR erstattet, die der Träger der Einrichtung im Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.12.2010 für D. B. entrichtet hatte. Mit der vorliegenden Klage machte das klagende Land die erstatteten Beträge als Prozessstandschafter der Bundesrepublik Deutschland in Höhe der Haftungsquote von 30 % geltend. Darüber hinaus begehrte das klagende Land – soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung – die Feststellung, dass der Beklagte auch zum Ersatz der für die Zeit ab dem 1.1.2011 zu erstattenden Rentenversicherungsbeiträge verpflichtet sei.
Rz. 321
Das LG hat der Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens war, stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte das klagende Land die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 322
Das angefochtene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Rz. 323
Im Ergebnis zutreffend hielt das Berufungsgericht die Klage für zulässig. Zwar machte das klagende Land – anders als das Berufungsgericht zu meinen schien – keine eigenen, auf das Land "als Träger der örtlichen Sozialhilfe gemäß § 179 Abs. 1a, S. 4 SGB VI übergegangen[en]" Schadensersatzansprüche geltend, sondern vielmehr fremde, (angeblich) gemäß § 179 Abs. 1a S. 1 SGB VI auf den Bund übergegangene Schadensersatzansprüche. Doch bestanden hiergegen keine Bedenken, da das klagende Land gemäß § 179 Abs. 1a S. 2 SGB VI prozessführungsbefugt war. Es handelte sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft (vgl. auch Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn 1).
Rz. 324
Mit Recht hielt das Berufungsgericht die Klage für unbegründet. Im Zeitpunkt eines möglichen Anspruchsübergangs gemäß § 179 Abs. 1a S. 1 SGB VI stand D. B. gegen den Beklagten kein übergangsfähiger Anspruch mehr zu.
Rz. 325
Der in § 179 Abs. 1a S. 1 SGB VI geregelte Übergang von Schadensersatzforderungen auf den Bund setzt voraus, dass beim Verletzten ein Schadensersatzanspruch entstanden ist, der mit den Erstattungsleistungen des Bundes sachlich und zeitlich kongruent ist (Senatsurt. v. 10.7.2007 – VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn 10 ff.). Dieser Anspruch muss fortbestehen, damit der Forderungsübergang greifen kann. Andernfalls geht der Forderungsübergang ins Leere (vgl. schon RGZ 60, 200, 202 f.).
Rz. 326
Im Streitfall ging ein etwaiger dem Verletzten D. B. gegen den Beklagten zustehender Anspruch auf Ersatz entgangener Beitragsleistungen zur gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls mit Abschluss und Erfüllung der "Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung" im Jahr 2001 unter, sollte der Anspruch nicht bereits zuvor auf den Bund übergegangen sein. Da die den streitgegenständlichen Ansprüchen zugrundeliegenden Erstattungsleistungen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erst ab August 2007 erfolgten, kam ein Anspruchsübergang auf den Bund mithin nur dann in Betracht, wenn für den Übergangszeitpunkt nicht die Vornahme der Erstattungsleistungen maßgebend war, sondern der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bzw. des – im Streitfall nachfolgenden – Inkrafttretens der Vorschrift des § 179 Abs. 1a SGB VI zum 1.1.2001.
Rz. 327
Die damit streitentscheidende Frage nach dem Zei...