Rz. 335
Zitat
SGB V § 251 Abs. 2 S. 2; SGB VII § 35; SGB IX §§ 14 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 41
1. |
Eine mit einem Anspruchsübergang verbundene Leistungszuständigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass ein Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX mangels Weiterleitung des Antrages gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX im Außenverhältnis gegenüber dem betroffenen behinderten Menschen leistungszuständig geworden ist. |
2. |
Der Rehabilitationsträger kann wegen der Beiträge, die er gem. § 251 Abs. 2 S. 2 SGB V für den geschädigten behinderten Menschen dem Träger der Einrichtung zu erstatten hat, nach § 116 Abs. 1 SGB X Rückgriff bei dem zum Ersatz des Verdienstausfalls verpflichteten Schädiger nehmen, wenn der Geschädigte vor dem schädigenden Ereignis in der Krankenversicherung pflichtversichert gewesen ist oder ohne den Unfall pflichtversichert geworden wäre. |
a) Der Fall
Rz. 336
Das klagende Land als Sozialhilfeträger verlangte von der Beklagten als Haftpflichtversicherung aus übergegangenem, hilfsweise aus übergeleitetem Recht des Geschädigten H. Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 7.4.1986, bei dem der Geschädigte schwere Hirnverletzungen erlitt.
Rz. 337
Die zuständige Berufsgenossenschaft erkannte den Unfall als Wegeunfall an. Am 18.12.1989 schlossen der Geschädigte und die Beklagte einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte unter anderem verpflichtete, dem Geschädigten 50 % aller nachgewiesenen, zukünftigen materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen waren. Ohne zu wissen, dass der Behinderung des Geschädigten ein Wegeunfall zugrunde lag, gewährte der Kläger ihm auf einen im Jahr 2002 gestellten Antrag seit dem 1. Februar dieses Jahres Sozialhilfe in Gestalt von Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen und von Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. In den Jahren 2008 bis 2011 erbrachte der Kläger Leistungen in Höhe von insgesamt 59.980,76 EUR, wovon 6.155,06 EUR auf dem Träger der Werkstatt erstattete Krankenversicherungsbeiträge entfielen.
Rz. 338
Das LG hat der auf hälftige Erstattung des Betrags von 59.980,86 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Das OLG hat sie auf die Berufung der Beklagten wegen fehlender Aktivlegitimation des Klägers abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 339
Das angefochtene Urteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Rz. 340
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen die Beklagte gemäß § 116 Abs. 1 SGB X in Höhe der Maßnahmekosten für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft auf das klagende Land übergegangen. Hinsichtlich der vom Kläger erstatteten Krankenversicherungsbeiträge kam ein solcher Anspruchsübergang in Betracht, wenn der Geschädigte zum Zeitpunkt des Wegeunfalls in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert war oder ohne den Unfall später pflichtversichert geworden wäre. Dazu waren noch Feststellungen zu treffen.
Rz. 341
Nach § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen.
Rz. 342
Der Kläger hatte gegenüber dem Geschädigten als nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX zuständiger Rehabilitationsträger ab dem 1.2.2002 unfallbedingte Sozialleistungen zu erbringen.
Rz. 343
Auf den im Jahre 2002 gestellten Antrag des Geschädigten bewilligte der Kläger diesem Sozialhilfe in Gestalt von Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen und Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten. Ob für diese Leistungen nach den §§ 41 Abs. 1, 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gem. den §§ 35 Abs. 1, 39 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII an sich die Berufsgenossenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig gewesen wäre, konnte offen bleiben. Denn der Kläger war bereits dadurch im Verhältnis zum Geschädigten leistungszuständiger Rehabilitationsträger geworden, dass er dessen Antrag nicht weitergeleitet hatte.
Rz. 344
Nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX hat der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags festzustellen, ob er für die Leistung zuständig ist. Stellt er seine Unzuständigkeit fest, hat er nach S. 2 der Vorschrift den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Träger zuzuleiten. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, hat der angegangene Träger gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX de...