Rz. 518
a) Der Fall
Rz. 519
Der Beklagte betrieb ein Taxi- und Mietwagenunternehmen. Die Klägerin war Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie verlangte vom Beklagten aus § 110 Abs. 1a SGB VII die Erstattung von Aufwendungen, die sie für die Heilbehandlung eines für den Beklagten tätigen, jedoch nicht bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung gemeldeten Taxifahrers erbracht hatte, nachdem dieser von einem Fahrgast überfallen und schwer verletzt worden war. Der Beklagte wandte sich gegen eine Erstattungspflicht mit der Begründung, der Taxifahrer sei nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, sondern als selbstständiger Unternehmer für ihn tätig geworden.
Rz. 520
Das LG hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht verwiesen. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 521
Die gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO, § 17a Abs. 4 S. 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde war unbegründet. Das Beschwerdegericht war zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass im Streitfall nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet war und es sich insbesondere nicht um eine den ordentlichen Gerichten zugewiesene bürgerliche Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 13 GVG handelt.
Rz. 522
Die Beurteilung des Beschwerdegerichts hielt der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der Ersatzanspruch des Unfallversicherungsträgers nach § 110 Abs. 1a SGB VII entsteht, wenn Unternehmer Schwarzarbeit nach § 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG) v. 23.7.2004 (BGBl I S. 1842) erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem 6. Kapitel des SGB VII nicht, nicht in richtiger Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG leistet Schwarzarbeit, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt. Ob für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 110 Abs. 1a SGB VII der Rechtsweg zu den ordentlichen oder zu den Sozialgerichten gegeben ist, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Literatur und Instanzrechtsprechung beurteilen die Frage unterschiedlich.
Rz. 523
Nach einer Ansicht handelt es sich bei § 110 Abs. 1a SGB VII um eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sein soll. Diese Auffassung stützt sich insbesondere auf die systematische Einordnung der Regelung in die Vorschrift des § 110 SGB VII, die in ihrem Absatz 1 anerkanntermaßen bürgerlich-rechtlicher Natur sei. Sie verweist dabei auch auf die Begründung des der Einführung von § 110 Abs. 1a SGB VII zugrundeliegenden Gesetzentwurfs, wonach der negativen Entwicklung durch Schwarzarbeit "systemkonform" begegnet und der in § 110 Abs. 1 SGB VII bereits geregelte Regress mit dem neuen Absatz 1a künftig auf Fälle der Schwarzarbeit "ausgedehnt" werden solle (BT-Drucks 15/2573, 32). Darüber hinaus wird angeführt, nicht der Sanktionscharakter, sondern der bürgerlich-rechtliche Gedanke der Schadloshaltung stehe bei § 110 Abs. 1a SGB VII im Vordergrund.
Rz. 524
Nach der Gegenansicht handelt es sich bei § 110 Abs. 1a SGB VII um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der vor den Sozialgerichten zu verfolgen ist. Diese Auffassung stützt sich insbesondere auf die Annahme, der Anspruch sei als Sanktion für die verletzte öffentlich-rechtliche Pflicht der Beitragszahlung ausgestaltet, anstatt, wie der Anspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII, an eine bürgerlich-rechtlich zu beurteilende Unfallverursachung und Verantwortlichkeit anzuknüpfen. Er trete auch nicht wie § 110 Abs. 1 SGB VII an die Stelle eines ohne die Privilegierung der §§ 104 ff. SGB VII über § 116 SGB X auf den Versicherungsträger übergehenden zivilrechtlichen Anspruchs. Deshalb sei der Anspruch gerade unabhängig von einer privatrechtlichen Rechtsgrundlage. Die systematische Einordnung der Regelung in § 110 SGB VII stehe ihrer öffentlich-rechtlichen Qualifizierung nicht entgegen, da die Einordnung systemwidrig sei. Anders als in Absatz 1 sei nach Absatz 1a nur der Unfallversicherungsträger gegenüber Unternehmern als seinen Zwangsmitgliedern anspruchsberechtigt...