Rz. 50
Das Berufungsgericht war der Auffassung, dem Kläger stehe kein Anspruch aus übergegangenem Recht von Frau S. zu, weil deren Ansprüche gegen den Beklagten durch den Abfindungsvergleich erloschen seien.
Rz. 51
Das angegriffene Urteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Ohne Erfolg wandte sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der zwischen Frau S. und dem Beklagten geschlossene Vergleich auch die Beerdigungskosten und den Unterhaltsschaden erfassen sollte.
Rz. 52
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren jedoch die Ansprüche von Frau S. auf Ersatz der Beerdigungskosten und ihres Unterhaltsschadens unbeschadet dieses Vergleichs auf den Kläger übergangen. Der Forderungsübergang gemäß § 5 OEG, § 81a BVG, § 823 BGB vollzog sich bereits im Augenblick der von B. begangenen Tat.
Rz. 53
Aufgrund der genannten Vorschriften geht ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten auf das zur Gewährung von Leistungen verpflichtete Land in dem Umfang über, in dem dieses nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes Leistungen an den Geschädigten oder seine Hinterbliebenen zu erbringen hat. Der Forderungsübergang hat zum Ziel, dem Berechtigten Verfügungen über Schadensersatzansprüche schon dann zu verwehren, wenn zunächst noch ungewiss ist, ob und in welcher Höhe der Versorgungsträger Leistungen erbringen wird, dieser aber in Zukunft wegen solcher Leistungen auf einen Rückgriff beim Schädiger angewiesen sein kann (vgl. Senatsurt. v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029). Für den Zeitpunkt des Rechtsübergangs ist in Fällen dieser Art nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats hinsichtlich der Vorhersehbarkeit der Leistungserbringung danach zu differenzieren, ob dem gesetzlichen Forderungsübergang Leistungen eines Sozialhilfeträgers oder eines Sozialversicherungsträgers zugrunde liegen. In den Fällen, in denen ein nur nachrangig leistungspflichtiger Sozialhilfeträger i.S.v. § 116 Abs. 1 SGB X Leistungen zu gewähren hat, findet die Legalzession statt, wenn infolge des schädigenden Ereignisses aufgrund konkreter Anhaltspunkte, auch für eine Bedürftigkeit des Geschädigten, mit der Leistungspflicht ernsthaft zu rechnen ist (Senatsurt. BGHZ 131, 274, 279). Demgegenüber sind im Rahmen eines Sozialversicherungsverhältnisses mit Rücksicht auf diese besondere Beziehung, die eine künftige Leistungspflicht nahe legt (vgl. BGHZ 48, 181, 186), nur geringe Anforderungen an die Vorhersehbarkeit künftiger Versicherungsleistungen zu stellen. Hier reicht für einen bereits bei Schadenseintritt erfolgenden Rechtsübergang schon die – wenn auch weit entfernte – Möglichkeit aus, dass eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers gegenüber dem Verletzten irgendwie in Betracht kommt, die Leistungspflicht also nur nicht völlig unwahrscheinlich, d.h. geradezu ausgeschlossen sein darf (Senatsurt. BGHZ 127, 120, 125 f. und v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen vollzieht sich ein Forderungsübergang nach § 81a BVG dem Grunde nach bereits im Augenblick der Anspruchsentstehung, soweit auch nur die entfernte Möglichkeit dafür besteht, dass dem Geschädigten Versorgungsleistungen zu gewähren sein werden. Dasselbe gilt für den Rechtsübergang gemäß § 5 OEG, § 81a BVG auf den nach § 4 OEG im Rahmen der Opferentschädigung leistungspflichtigen Versorgungsträger. Dieser gesetzliche Forderungsübergang setzt nicht eine Leistungserbringung voraus, sondern erfolgt unter den oben genannten Voraussetzungen jedenfalls dem Grunde nach bereits im Augenblick der schädigenden Handlung kraft Gesetzes von selbst.
Der Umstand, dass dem Opfer einer Gewalttat bzw. dessen Hinterbliebenen Leistungen gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 8 S. 1 OEG nur auf Antrag gewährt werden, rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung. Für den Forderungsübergang gemäß § 5 OEG, § 81a BVG ist nicht Voraussetzung, dass der Leistungsberechtigte einen Versorgungsantrag stellt.
Rz. 54
Der in § 5 OEG, § 81a BVG vorgesehene Forderungsübergang dient dazu, dem Versorgungsträger den Regress gegenüber dem Schädiger hinsichtlich der Belastung mit deckungsgleich Leistungen zu ermöglichen. Richtig ist, dass der Versorgungsanspruch einen Antrag des Berechtigten voraussetzt und deshalb nicht schon mit dem Eintritt der gesundheitlichen Schädigung i.S.d. § 1 OEG, sondern grundsätzlich erst mit der erfolgten Antragstellung entsteht (vgl. auch § 40 Abs. 1 SGB I). Diese kann indessen trotz des materiellrechtlichen Antragsprinzips zu einer rückwirkenden Leistungspflicht des Versorgungsträgers führen. So ist für den Anspruch auf Gewährung eines Bestattungsgeldes gemäß § 36 BVG nicht Voraussetzung, dass der Antrag vor der Beisetzung des Opfers gestellt wird. Nach § 18 Abs. 3 S. 1 BVG sind grundsätzlich auch die Kosten für eine von dem Geschädigten vor der Antragstellung selbst veranlasste Heilbehandlung zu erstatten. Wird der Erstantrag auf Hinterbliebenenversorgung vor Ablauf eines Jahres nach de...