Rz. 175
Das Berufungsgericht hatte ebenso wie die Vorinstanz das von dieser eingeholte unfallanalytische-biomechanische Sachverständigengutachten für ausreichend erachtet, um die Klage abzuweisen. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Differenzgeschwindigkeit zum Kollisionszeitpunkt bei weitem unterhalb einer Toleranzgrenze gelegen habe, bei der die auf den Fahrer wirkende Belastung nicht mit beginnender Wahrscheinlichkeit die behaupteten Beschwerden verursacht haben könne.
Rz. 176
Das Berufungsurteil hielt in seinem Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision der Klägerin gegen das angefochtene Urteil war bereits deshalb zurückzuweisen, weil die Klage unschlüssig war.
Rz. 177
Die Klägerin machte keinen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz auf sie übergegangenen Anspruch ihres angeblich verletzten Fahrers auf Ersatz seines Verdienstausfallschadens geltend, sondern einen eigenen Schadensersatzanspruch wegen der ihr für den Einsatz eines Ersatzfahrers entstandenen Kosten. Insoweit war jedoch eine eigene Rechtsgutverletzung der Klägerin nicht ersichtlich, die Voraussetzung eines eigenen Schadensersatzanspruchs im Sinne des § 823 BGB hätte sein können. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kam nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats wegen Fehlens eines betriebsbezogenen Eingriffs nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschl. v. 10.12.2002 – VI ZR 171/02, VersR 2003, 466). Zu einer Änderung dieser Rechtsprechung – wie sie die Revision nahe legte – sah sich der Senat nicht veranlasst.
Rz. 178
Soweit die Revision meinte, die Instanzgerichte hätten durch einen unterlassenen Hinweis auf diese Rechtslage ihre Aufklärungspflicht im Sinne des § 139 ZPO verletzt und dadurch die Klägerin davon abgehalten, ihren Anspruch auch auf einen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz auf sie übergegangenen Anspruch oder auf vorsorglich an sie abgetretene Ansprüche des verletzten Fahrers zu stützen, konnte dem nicht gefolgt werden.
Rz. 179
Maßgeblich für eine etwaige Verletzung der Aufklärungspflicht ist nämlich der materiell-rechtliche Standpunkt des Gerichts ohne Rücksicht auf seine Richtigkeit. Schon im Ansatz verfehlt ist es, eine unrichtige Rechtsansicht des Erstrichters auf dem Umweg über eine angebliche Hinweispflicht gegenüber den Parteien in einen Verfahrensmangel umzudeuten (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1990 – XI ZR 173/89, NJW 1991, 704). Die Revision wies insoweit selbst darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten in den Tatsacheninstanzen außer Streit war. Die Vorinstanzen hatten somit ihre klageabweisenden Urteile gerade nicht auf einen Gesichtspunkt gestützt, den die Klägerin erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hatte, oder auf einen Gesichtspunkt, den die Gerichte anders beurteilt hatten als beide Parteien (vgl. § 139 Abs. 2 ZPO). Sie hatten lediglich eine HWS-Verletzung des Fahrers durch den Verkehrsunfall nicht als erwiesen erachtet. Da die Vorinstanzen mithin von der Schlüssigkeit des Klagevorbringens ausgegangen sind, bestand für sie keine Verpflichtung, über deren Unschlüssigkeit aufzuklären.