Rz. 437
Das angefochtene Urteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Rz. 438
Zu Recht hatte das Berufungsgericht den Kläger hinsichtlich des von ihm geforderten Verdienstausfallschadens als aktivlegitimiert angesehen.
Rz. 439
Es war insbesondere zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers auf Ersatz seines Verdienstausfallschadens nicht gemäß § 116 Abs. 1 S. 1, Abs. 10 SGB X im Hinblick auf die von der Bundesagentur für Arbeit erbrachten Leistungen für die Beschäftigung des Klägers im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen übergegangen war.
Rz. 440
Das Berufungsgericht hatte im Ergebnis zutreffend eine sachliche Kongruenz der Erbringung der Maßnahmekosten seitens der Bundesagentur für Arbeit mit dem Verdienstausfallschaden des Klägers i.S.d. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X verneint.
Rz. 441
Sachliche Kongruenz besteht, wenn sich die Ersatzpflicht des Schädigers und die Leistungsverpflichtung des Sozialversicherungsträgers ihrer Bestimmung nach decken. Hiervon ist auszugehen, wenn die Leistung des Versicherungsträgers und der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten dienen. Es genügt, wenn der Sozialversicherungsschutz seiner Art nach den Schaden umfasst, für den der Schädiger einstehen muss; es kommt nicht darauf an, ob auch der einzelne Schadensposten vom Versicherungsschutz gedeckt ist (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2013 – VI ZR 128/12, BGHZ 197, 316 Rn 26; v. 3.5.2011 – VI ZR 61/10, VersR 2011, 946 Rn 14 m.w.N.; v. 18.5.2010 – VI ZR 142/09, VersR 2010, 1103 Rn 15 m.w.N.).
An einer solchen sachlichen Kongruenz fehlte es im Streitfall.
Rz. 442
Dabei konnte allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts dahinstehen, ob die Maßnahmekosten für die Beschäftigung des Klägers im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstatt der Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse oder des Erwerbsschadens, zu dessen Fallgruppe der Verdienstausfallschaden rechnet, zuzuordnen sind (vgl. Senatsurt. v. 27.1.2015 – VI ZR 54/14, VersR 2015, 598 Rn 18 f.) oder die Kriterien beider Fallgruppen erfüllen (vgl. Langenick, NZV 2007, 105, 110).
Rz. 443
Wie der Senat bereits betont hat, ist die Sichtweise der sog. "Gruppentheorie", wonach im Allgemeinen die für den Regress des Leistungsträgers erforderliche sachliche Kongruenz von Leistung und Schadenersatzanspruch schon dann bejaht wird, wenn beide derselben Schadensgruppe dienen, auf die Aufgabe beschränkt, die Schadensregulierung zu erleichtern. Das macht aber nicht die Prüfung entbehrlich, ob Sinn und Zweck des § 116 SGB X die Geltendmachung des Ersatzanspruchs durch den Leistungsträger anstelle des Geschädigten rechtfertigen. Ohne dieses Korrektiv könnte das unbillige Ergebnis eintreten, dass der Geschädigte, wenn für ihn ein Versicherungsträger eintritt, trotz eines uneingeschränkten Ersatzanspruchs gegen den Schädiger keine vollständige Schadensdeckung erreicht, wenn die Leistungen des Versicherungsträgers sich zwar der Art nach auf den Schaden beziehen, diesen aber nur zu einem Teil abdecken.
Rz. 444
Sinn und Zweck des § 116 Abs. 1 SGB X gebieten hier die Geltendmachung des Verdienstausfallschadens durch den Versicherungsträger nicht.
Rz. 445
Die Legalzession des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X soll bewirken, dass der Leistungsträger, durch dessen Leistungen der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, Rückgriff nehmen kann; der Schädiger soll durch die Sozialleistungen nicht unverdient entlastet werden, zugleich soll eine doppelte Entschädigung des Geschädigten vermieden werden.
Rz. 446
Ein Übergang des Anspruchs des Klägers auf Ersatz seines Verdienstausfallschadens auf die Bundesagentur für Arbeit wegen deren Leistungen für die Beschäftigung des Klägers im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstatt nach §§ 40, 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX würde entgegen dieser Intention dazu führen, dass der insoweit nicht schadensfrei gestellte Kläger seinen Verdienstausfallschaden mangels Aktivlegitimation nicht geltend machen könnte.
Rz. 447
Ein Geschädigter kann einerseits als Erwerbsschaden alle wirtschaftlichen Beeinträchtigungen geltend machen, die er erleidet, weil und soweit er seine Arbeitskraft verletzungsbedingt nicht verwerten kann, die also der Mangel der vollen Einsatzfähigkeit seiner Person mit sich bringt (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2013 – VI ZR 128/12, a.a.O. Rn 13; vom 8.4.2008 – VI ZR 49/07, BGHZ 176, 109 Rn 9; vom 20.3.1984 – VI ZR 14/82, BGHZ 90, 334, 336 f.; siehe auch Senatsbeschl. v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08, VersR 2010, 133 Rn 7 m.w.N.). Hierzu zählt der vom Kläger geforderte Verdienstausfallschaden.
Rz. 448
Ersatzfähig sind andererseits aber auch – unabhängig von der Zuordnung zu einer Schadensgruppe – die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit für die Beschäftigung des Klägers im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen. Denn die mit der Beschäftigung des Geschädigten in der Werkstatt ver...