Rz. 12
Erlass über die Wahrnehmung der Verkehrsüberwachung durch Ortspolizeibehörden gem. § 80 Abs. 4 SPolG – gültig bis 2.1.2027
1. Rechtslage
In Ergänzung der originären vollzugspolizeilichen Verkehrsüberwachung kann das Ministerium für Inneres, Kultur und Europa auf Antrag den Ortspolizeibehörden gemäß § 80 Abs. 4 Saarländisches Polizeigesetz (SPolG) die Befugnis zur Überwachung
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von Halt- und Parkverstößen (ruhender Verkehr) |
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der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten durch mobile und stationäre |
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Überwachungsanlagen (fließender Verkehr) |
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der Befolgung von Lichtzeichenanlagen gem. § 37 StVO durch stationäre |
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Überwachungsanlagen |
innerhalb geschlossener Ortschaften übertragen. Eine Übertragung von Verkehrsüberwachungsaufgaben auf Privatunternehmen ist nicht möglich, da die Erforschung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten eine hoheitliche Aufgabe ist. Die systematische Ermittlung, Dokumentation, Verfolgung und Ahndung von Verkehrsverstößen stellen rechtlich gesehen eine Einheit dar; ein Herauslösen einzelner Ermittlungsschritte würde den Bereich funktionell originärer Staatsaufgaben berühren (BayObLG, Beschl. v. 5.3.1997). Eine Privatisierung der Geschwindigkeitsüberwachung ist nach der geltenden Verfassungslage in der Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig, da die Verkehrsüberwachung eine staatliche Aufgabe ist.
Verkehrsüberwachung, auch unter Einbindung Privater
Eine Mitwirkung von Privaten ist aufgrund der Rechtslage nur im Ausnahmefall in sehr beschränktem Umfang möglich.
Im Wesentlichen gilt zunächst Folgendes:
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Ortspolizeibehörden sind nicht befugt, ein privates Unternehmen mit der eigenständigen Durchführung der Verkehrsüberwachung zu beauftragen, selbst wenn die Ortspolizeibehörde Ort, Zeit und Dauer dieser Tätigkeiten bestimmt und auch die Auswertung der Messergebnisse selbst vornimmt. |
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Auch die Durchführung des technischen Messvorgangs durch Private als bloße "Verwaltungshilfe" scheidet aus, da die Messung bereits die Grundlage für die hoheitliche Sanktion und deshalb ebenfalls dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen ist. |
Private als Verwaltungshelfer im Rahmen der Arbeitsnehmerüberlassung
Im Rahmen enger, von der Rechtsprechung gezogener Grenzen besteht ausnahmsweise die Möglichkeit der Mitwirkung privater Unternehmen im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei der Verkehrsüberwachung, wenn privates Personal unter ständiger Aufsicht eines entsprechend ausgebildeten Bediensteten der Ortspolizeibehörde erfolgt (Private als Verwaltungshelfer). Sowohl der beaufsichtigende Gemeindebedienstete als auch der Verwaltungshelfer müssen die vorgeschriebene Ausbildung für die Verkehrsüberwachung (ruhender Verkehr, ggf. fließender Verkehr) besitzen. Auch hier kann nicht von einer Privatisierung der Verkehrsüberwachung gesprochen werden, da das wesentliche Merkmal der Arbeitnehmerüberlassung darin besteht, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nach den Weisungen der Ortspolizeibehörde verrichtet.
Dies setzt u.a. voraus, dass der entsprechende Arbeitnehmer sowohl organisatorisch als auch räumlich in die jeweilige Gemeindeverwaltung integriert und der für das Verfahren zuständigen Organisationseinheit der Gemeinde (Ortspolizeibehörde) zugeordnet und deren Leiter weisungsgebunden unterstellt ist. Der Leiharbeitnehmer hat seine Tätigkeit in einem Büro der Ortspolizeibehörde zu verrichten, in deren Namen er Verkehrsüberwachung betreibt. Keinesfalls ist es möglich, dass die Leiharbeitnehmer die gemeindlichen Aufgaben vom Sitz der Verleihfirma oder aus Räumlichkeiten anderer Ortspolizeibehörden erledigen. Eine Übertragung von Aufgaben der Verkehrsüberwachung auf Private zur selbstständigen Erledigung ohne behördliche Einbindung ist nicht möglich.
Die Tätigkeit des privaten Personals muss vor Ort ständig von einem fachkundigen Bediensteten der jeweiligen Ortspolizeibehörde beaufsichtigt werden. Die Bestimmungen des Datenschutzes sind strikt zu beachten. Die eingesetzten Mitarbeiter sind im Hinblick auf § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) (Strafbarkeit des unbefugten Offenbarens von zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnissen oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) besonders zu verpflichten. Die Festlegung von Vertragsstrafen bei Verstößen gegen die Vorschriften dieses Erlasses wird empfohlen.
Im Rahmen der Verkehrsüberwachung muss sichergestellt sein, dass der verantwortliche Bedienstete der Ortspolizeibehörde entscheidet, wie ein Verkehrsverstoß beurteilt wird. Der verantwortliche Bedienstete der Ortspolizeibehörde entscheidet bei der Überwachung des fließenden Verkehrs auch über die Beweiseignung einer Aufnahme und die Frage, ob ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wird. Dies bedeutet, dass ihm sämtliche Aufnahmen zur Entscheidung vorgelegt werden, auch solche, bei denen – nach Auffassung des privaten Personals – eine Beweiseignung fehlt. Die Festlegung von Ort, Zeit und Umfang der Kontrolle ist ausschließlich der Ortspolizeibehörde vorbehalten. Die Ortspolizeibehörde ist auch ...