a) Die einstweilige Verfügung im Arbeitsrecht
Rz. 719
Es ist im Arbeitsrecht grundsätzlich möglich, im Wege der einstweiligen Verfügung gem. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935, 940 ZPO Ansprüche durchzusetzen, auch soweit dadurch die Erfüllung des Hauptsacheanspruches eintritt, wie beim Anspruch auf Weiterbeschäftigung, Zahlung von Vergütung und Herausgabe von Arbeitspapieren.
Rz. 720
Die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruchs und -grundes sind je nach Anspruch unterschiedlich hoch.
b) Einstweilige Verfügung auf Beschäftigung, Weiterbeschäftigung
Rz. 721
Beim Anspruch auf Beschäftigung ist zu unterscheiden zwischen dem allgemeinen Beschäftigungsanspruch bei Freistellung, im Falle der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und dem Weiterbeschäftigungsanspruch bei Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist.
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Der allgemeine Beschäftigungsanspruch wird in Rechtsprechung und Literatur aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers begründet und anerkannt. Der Beschäftigungsanspruch besteht grundsätzlich, wenn nicht
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ein Recht zur Freistellung vertraglich rechtswirksam vereinbart ist, |
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ein einseitiges Recht des Arbeitgebers zur Freistellung besteht, weil die Beschäftigung unzumutbar erscheint z.B. bei schweren Vertragsverletzungen und einer akuten Gefährdung der Arbeitgeberinteressen, die eine sofortige Reaktion erfordert. |
Die Darlegungs- und Beweislast für die Suspendierung liegt beim Arbeitgeber. |
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Der Weiterbeschäftigungsanspruch bei Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist besteht als besonderer Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG bei ordentlicher Kündigung und frist- und ordnungsgemäßem Widerspruch des Betriebsrats für den Fall der Kündigungsschutzklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits. Einer besonderen Darlegung des Verfügungsanspruchs und -grundes bedarf es nicht. Sie obliegt dem Arbeitgeber, wenn er durch eine einstweilige Verfügung von der gesetzlichen Weiterbeschäftigungspflicht entbunden werden will gem. § 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG. |
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Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch ist nach dem Beschluss des großen Senats des BAG vom 27.2.1985 unter folgenden Voraussetzungen anerkannt:
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für die Zeit nach einem erstinstanzlichen Urteil, das die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt. Der Weiterbeschäftigungsanspruch muss aber im Hauptsacheverfahren geltend gemacht worden sein und wird mit dem Feststellungsurteil zur Kündigung ausgeurteilt. Wurde der Weiterbeschäftigungsantrag nicht gestellt, ist eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach Abschluss der ersten Instanz ausgeschlossen, weil es am Verfügungsgrund fehlt. |
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für die Zeit bis zum erstinstanzlichen Urteil nur dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, insbesondere bei formalen Mängeln, wie Formfehler nach § 623 BGB, Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG, fehlende Zustimmung des Integrationsamtes bei Kündigung eines Schwerbehinderten gem. § 85 SGB IX. |
Ist die Kündigung nicht offensichtlich rechtsunwirksam, besteht der Weiterbeschäftigungsanspruch nur ausnahmsweise für den Fall, dass der Arbeitnehmer ein besonderes Interesse an der tatsächlichen Beschäftigung geltend machen kann, wie Erhalt der beruflichen Qualifikation, den Eintritt irreparabler beruflicher Nachteile. Die Anforderungen an den Verfügungsanspruch und -grund sind deshalb sehr hoch. |
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Für die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen nach Ausspruch einer Änderungskündigung gelten die vorstehenden Rechtsgrundsätze entsprechend. Der Anspruch kann nur geltend gemacht werden, wenn der Änderungskündigung vorbehaltlos widersprochen und Kündigungsschutzklage erhoben wird. |
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Für die Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung ist unbedingt auf eine konkrete, bestimmte Bezeichnung der Tätigkeit, Position des Antragstellers im Antrag zu achten. Allgemeine Formulierungen wie "zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen" reichen nach der herrschenden Auffassung nicht aus. |
c) Einstweilige Verfügung auf Zahlung
Rz. 722
Die Durchsetzung fälliger Vergütungsansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung ist in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt, der Höhe nach beschränkt auf die Pfändungsfreibeträge nach § 850c ZPO.
An die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Erfüllungsverfügung werden wegen der da...